aus: Ärztezeitung Nr. 203 vom 11.11.2002
Ärzte können sich ganz in Ruhe ihren Patienten widmen Das medizinische Zentrum Lübbenau macht es möglich Lübbenau. Dr. Gesine Merker kann sich ohne Zeitdruck ganz ihren Patienten widmen. Nach dem Ende der Sprechstunde muss sich die Fachärztin für Allgemeinmedizin nicht um den üblichen Bürokram wie Einkauf, Sprechstundenbedarf, Personalgehälter, Sozialabgaben oder Miete kümmern. Auch die Behebung technischer Pannen wird wo anders organisiert. Und falls die KV Brandenburg mal Nachragen hat, geht das zunächst an eine andere Adresse. Von HERMANN MÜLLER Kommt man als Westdeutscher in die Spreewald Gemeinde Lübbenau und fragt Einwohner nach dem Medizinischen Zentrum, so erhält man die Antwort: „Wir haben kein Medizinisches Zentrum. Vielleicht meinen Sie unsere Poliklinik.“ Das Medizinische Zentrum Lübbenau ist eine aus Westsicht ungeliebte und bekämpfte Kreation der Nachwendezeit. Ganz anders sehen das die Bürger Lübbenaus. Sie schwören auf ihre Ärzte unter einem Dach, weil sie sich sowohl haus- als auch fachärztlich gut versorgt fühlen. Aber auch die in dieser Einrichtung tätigen Ärzte fühlen doch lästige Verwaltungsarbeit abgenommen. Diese Arbeiten erledigen für sie Rainer Schwitalski und Dr. Susanne-Maria Barz, der Geschäftsführer und Ärztliche Leiterin im Medizinischen Zentrum Lübbenau (MLZ). Die Aufgaben des Duos sind verteilt. Als Geschäftsführer kümmert sich Schwitalski um den Einkauf, Personalbuchhaltung, Mieten, Versicherungen und bestellt Handwerker, falls etwas nicht funktioniert. Er vertritt das Unternehmen als juristische Person nach innen und außen. Der Ärztliche Leiter wird für drei Jahre gewählt |
Gleich am Eingang des Medizinischen Zentrums Lübbenau ist eine Apotheke angesiedelt worden |
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Freundlich sind die Wartezimmer im Gesundheitszentrum eingerichtet eine Pulmologin, die in Calau niedergelassen ist und in der Spreewaldgemeinde zweimal
in der Woche eine Zweigsprechstunde eingerichtet hat. Die Ärzte sind
Angestellte der „Medizinischen Einrichtungsgesellschaft (MEG)“, einer
Tochter der Stadt Lübbenau.
Sie bilden eine Gemeinschaftspraxis, die unter einer Arztnummer mit der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnet. Die Kolleginnen und Kollegen erhalten ein festes Grundgehalt sowie eine Erfolgsbeteiligung, die sich am Überschuss ihrer Abteilung orientiert. Somit bestehen Anreize für eine wirtschaftliche Praxisführung. Die Helferinnen erhalten ein Gehalt in Anlehnung an den Arzthelferinnen-Tarifvertrag. Die angestellten Mediziner der Einrichtung müssen sich nicht verschulden, das wirtschaftliche Risiko für Investitionen wie Ausstattung oder medizinisch-technische Geräte trägt die MEG. Für die Nutzung der Infrastruktur (Personal, Abrechnung, Organisation , Personalbuchhaltung) und der Geräte (wie EKG, Langzeit-EKG, Spirometer, Sonographie) werden die Konten der im Hause tätigen Ärzte entsprechend belastet. Ein weiterer Vorteil der Einrichtung: Die Ärztinnen und Ärzte können eng miteinander kooperieren. So haben alle angestellten Ärzte als Mitglieder der |
Gemeinschaftspraxis einen Zugriff auf die zentrale elektronische Patientenkarte. Dies gilt aus Datenschutzgründen jedoch nicht für die niedergelassenen Kolleginnen, die mit unter dem gemeinsamen Dach arbeiten. Dazu hätten alle Patienten ihr Einverständnis geben müssen. Vor diesem Aufwand schreckte aber Geschäftsführer Schwitalski zurück. „Es war schon nicht ganz einfach, die Wünsche der angestellten Kollegen unter einen Hut zu bringen.“ Davon getrennt wird die Immobilie verwaltet. So landen die Mieten der angestellten und niedergelassenen Vertragsärzte auf einem Konto der Spreewaldgemeinde, der auch die Immobilie gehört. Somit ist eine interne Subventionierung der angestellten Ärzte ausgeschlossen. Abgerundet wird das Angebot des medizinischen Spektrums im Zentrum durch eine Apotheke, einen Hörgeräteakustiker, ein Reha-Center, Medizinische Fußpflege, einem Orthopädie-Handwerker, einem Labor und einer Cafeteria. Als innovatives Modell bereits 1996 ausgezeichnet |
Gesetz
bremst die Weiterentwicklung
Die KV Brandenburg ist kein Freund der Gesundheitszentren. Das bekam Rainer Schwitalski 1994 zu spüren, als er einen Urologen anstellen wollte. Der damals 57jährige Mediziner mochte sich nicht niederlassen und verschulden („Ich würde keine Kredite erhalten.“). die KV stellte sich quer, legte das Gesetz- „die Einrichtungen sind dauerhaft zur ambulanten Versorgung zugelassen, soweit sie am 1. Oktober 1992 noch bestanden“ - eng aus. Weder die Zahl der Vertragsärzte noch die Fachgruppen dürfte über den Bestand am Stichtag ausgeweitet werden. Am 1. Oktober 1992 hatte Lübbenau keinen Urologen. Sozial- und Landessozialgericht haben Schwitalski Recht gegeben, doch vor dem Bundessozialgericht siegte zur Überraschung die KV. Daher mussten sich Urologe, aber auch eine Radiologin und eine Nervenärztin selbst niederlassen. Diese Einschränkung beabsichtigt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) im Rahmen der anstehenden Gesundheitsreform durch eine Gesetzesänderung aufzuheben. |
Die Bausteine zum Erfolg Das haben alle Beteiligten im Zentrum gelernt:
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