Der elektronische Heilberufsausweis –
Einführung, Fristen und Kosten

Mit dem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA), wird eine weitere Komponente für den TI-Ausbau und Anschluss demnächst verpflichtend. Das gilt für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, aber auch für Krankenhäuser im Rahmen des Entlassmanagments.

Welche Fristen allerdings zu beachten sind, wer bei angestellten Ärzten zuständig ist und welche Kosten entstehen, sind Fragen, auf die eine Antwort zu finden, nicht ganz leicht ist. Wir versuchen es.

 

Inhalt
Hintergrund & Fristen
Verhältnis eHBA zu SMC-B-Karte 
Antragsverfahren, Kosten, Finanzierung 
Spannungsverhältnis Arbeitgeber- Arbeitnehmerverhältnis


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Praxiswissen eHBA für ärztliche Arbeitgeber

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Hintergrund & Fristen

Der elektronische Heilberufsausweis, kurz eHBA, wird spätestens mit der Verpflichtung, die AU elektronisch zu übermitteln für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verpflichtend. Das gilt für Zahnärzte und Psychotherapeuten ebenfalls; und es besteht auch kein Unterschied, ob jemand nur eine Viertelstelle hat und/oder angestellt tätig ist. Die Ausweise müssen bei den Landes(zahn)ärzte-, bzw. Landespsychotherapeutenkammern beantragt werden. Sie sind der arztindividuelle Schlüssel, um innerhalb der TI-Anwendungen (ePA, NSDM, eMP, etc.) persönliche  Zugriffe und Einträge zu dokumentieren und rechtsverbindlich zu signieren.

Auszug - Der eHBA: Unabdingbar für die Vertragsärzte

Zwar ist im Juli/August 2020 vom BMG auf entsprechende Forderungen der KBV die Einführung der eAU vom 1. Januar 2020 nach hinten verlegt worden, und die unbedingte Einsatzverpflichtung des eHBA galt ohnehin erst ab Januar 2022.

Das ändert aber nichts daran, dass sich alle ambulanten Psycho­thera­peuten und (Zahn-)Ärzte, respektive ihre Arbeit­geber zeitnah mit dem eHBA beschäf­tigen müssen.

Er ist im Kontext der Telematikinfrastruktur so etwas wie der Hauptschlüssel zur elektro­nischen Patien­­tenakte (ePA), inklusive des Notfalldatensatzes (NFDM), sowie für das sichere Über­mitteln patientenbezogener Daten an weitere TI-Anwender (bspw. Krankenkassen, Apotheken). Seine zentrale Funktion ist die qualifizierte Signatur, mit der Ärzte Verordnun­gen (eRezept), Medikations­pläne (eMP) und Arztbriefe nachweissicher unterzeichnen. Nutzbar ist er auch für die Authen­tifizierung der Onlineabrechnung gegenüber der KV und für ähnliche Ver­fahren.

Alle Vorgaben gelten für Vertragsärzte wie für angestellte Kollegen, für Viertelärzte wie für Kollegen, die ausschließlich Vertretungen im ambulanten Bereich übernehmen. Insbesondere für den kurz­fristigen oder gar spontanen Einsatz von Krankenhaus­ärzten im ambulanten Bereich stellt damit der eHBA künftig neben der Eintragung ins Arztregister eine zusätzliche zeitliche (Verfahrensdauer) und finanzielle (Ausstellungskosten) Hürde dar.

Leseprobe – Seite 3 Termine & Fristen

 

Um die Frist, wann nun jeder vertragsärztliche tätige Arzt einen eHBA unbedingt braucht, besteht derzeit eine große Unklarheit. Viele KVen geben hier den 1. Juli oder 1. Oktober 2021 an, weil BMG und KBV im Sommer 2020 medienwirksam vom ursprünglichen Startdatum der eAU, dem 1. Januar 2021, abgerückt sind.

Tatsächlich liegt hierzu jedoch (noch) kein rechtsverbindlicher Beschluss vor, da die Krankenkassen, dieser Verschiebung bis dato nicht zugestimmt haben. Um die Verwirrung perfekt zu machen, ist auch unklar, inwieweit für eine Übergangszeit noch die SMC-B-Karte ersatzweise genutzt werden kann.


 

Verhältnis eHBA und SMC-B-Karte

In Abgrenzung zur SMC-B-Karte, die für die jeweilige Praxis als Zugangsausweis zur TI gilt, ist der eHBA grundsätzlich personengebunden. Der Arzt nutzt sie, um persönliche Einträge zu signieren und zu verifizieren – insbesondere dann, wenn der Eintrag an sich vom Praxispersonal vorgenommen wurde. Er kann mit Hilfe des eHBA so beispielsweise die Korrektheit eines von der MFA angelegten Notfalldatensatzes auf der eGK des Patienten bestätigen.

Auszug - Verhältnis von eHBA und SMC-B

Da das Vertrauensdienstegesetz verlangt, dass der eHBA grundsätzlich in alleiniger Kontrolle des Ausweisinhabers verbleibt, ist eine Nutzung durch Dritte – wie dem Praxispersonal – nicht vorgesehen bzw. nicht zulässig. Deshalb korrespondiert der eHBA mit der SMC-B-Karte, die direkt dem Konnektor zugeordnet ist und es – abgesehen von der qualifizierten elektronischen Signatur – dem Praxispersonal ermöglicht, im Auftrag des Arztes Funktionen des eHBA auszuführen bzw. zu veranlassen.

Die beiden Ausweise haben, genau wie die analoge BSNR und die LANR, unterschiedliche Aufgaben. Die SMC-B wird immer dann benutzt, wenn etwas im Namen der Praxis geschieht, z.B. das Lesen der administrativen Daten der eGK bei der Anmeldung. Der eHBA hingegen führt per­sönliche Zugriffe auf die eGK aus, wenn dies vorgeschrieben ist, und kennzeichnet diese. So unter­schreibt beispielsweise der Arzt/Psychotherapeut mittels des eHBA einen Notfalldatensatz per­sönlich, um die Verantwortlichkeit für dessen Richtigkeit festzuhalten. Das Anlegen des Not­falldatensatzes auf der eGK selbst kann dagegen durch die MFA mittels der SMC-B erfolgen.


 

Antragsverfahren, Kosten und Finanzierung

Die Beantragung muss von jedem Arzt persönlich durchgeführt werden. Der Prozess wird von jeder Kammer individuell gestaltet, kann jedoch bei allen in einem Online-Verfahren durchgeführt werden. Eine zusätzliche persönliche Identifikation ist zwingend erforderlich. Die Kosten für den eHBA belaufen sich je Arzt bei einer Laufzeit von fünf Jahren auf knapp 500 Euro.

Refinanziert werden die Kosten für den eHBA jedoch nur anteilig. Vorgesehen ist eine Kostenerstattung von 46,52 Euro pro Jahr und Arzt, die im Rahmen der TI-Pauschale durch die KV an die Praxen, respektive das MVZ ausgeschüttet werden. Der individuellen Klärung überlassen ist allerdings, wie die entstehenden und laufenden Kosten sowie die Erstattungen zwischen Arzt und Praxis aufgeteilt werden sollen und in welche Zuständigkeit sie fallen.

Auszug - Individuelles Antragsverfahren

Da also viele digitale Anwendungen künftig verpflichtend erbracht werden müssen, gilt im Umkehr­schluss, dass jede vertragsärztlich tätige Person – ausnahmslos auch in MVZ und BAGs  – gezwungen ist, den eHBA für sich zu beantragen, um dieser Verpflichtung zumindest  theoretisch nachkommen zu können. Dies kann auch nicht vom MVZ als Arbeitgeber oder von dessen Ärzt­lichem Leiter übernommen werden. Es handelt sich vielmehr um ein vollständig individua­lisiertes Antragsverfahren, das jeder Zahnarzt/Arzt/Psychotherapeut aufgrund der hohen Identifi­ka­tions­vorgaben höchstselbst erledigen muss.

Für Arbeitgeber angestellter Ärzte stellt sich damit nicht nur die Finanzierungs­frage, sondern auch die nach der Aufklärung und Motivation der angestellten Kollegen, sich um den eHBA zu kümmern.

Produziert werden die kostenpflichtigen Ausweiskarten der zweiten Generation von derzeit vier zugelassenen Anbietern: Bundesdruckerei, medisign, SHC Stolle/Atos, T-Systems. Adressat der Beantragung sind aber die Landesärztekammern bzw. ihre Entspre­chungen für die Zahnärzte und Psychotherapeuten. Alternativ können in einigen Kammerbezirken auch direkt die jeweiligen Antragsportale der Anbieter genutzt werden.

Als Identitätsnachweis wird ohne Ausnahme das persönliche Erscheinen des Arztes bei der Identifika­tionsstelle verlangt. Am gängigsten ist das PostIdent- sowie das KammerIdent-Verfahren. Welche Verfahren konkret möglich sind und welche Bedingungen (z.B. Voranmeldung, Buchung kon­kreter Terminslot) dafür gelten, ist von Kammer zu Kammer verschieden.

Auszug - Finanzierung

Per Gesetz sind die Krankenkassen verpflichtet, die finanziellen Kosten der Anbindung der Praxen an die TI zu übernehmen. Dass das nie vollständig erfolgt, ist ebenso frustrierend wie allgemein bekannt. Dieses Prinzip gilt leider auch für den eHBA. Formell heißt es, dass die Kosten für den eHBA anteilig in die TI-Pauschalen mit reingerechnet wurden (was immer das heißen soll). Zusätz­lich bekommt jede Praxis je Quartal und Ausweis 11,63 Euro erstattet, was einem Jahressatz von 46,52 Euro entspricht. Bei Kosten von rund 100 Euro per anno und Ausweis handelt es sich folglich um eine etwa hälftige Refinanzierung.

Finanziell ‚gefördert‘ wird dabei über die Quartalsabrechnung der KV die Praxis/das MVZ. Auf­grund der Personen­bezogenheit ist jedoch Zahlungsver­pflichteter und Rechnungsempfänger für die eHBA der einzelne Arzt – teils auch noch über seine Privatanschrift, da einzelne Kammern aufgrund von nicht näher benannten Unsicherheiten das Antragsverfahren nur über die Privatadresse der Ärzte abwickeln.

Positiv ist aber immerhin, dass die Anzahl der erstattungsfähigen eHBAs je Praxis nicht begrenzt ist. Das heißt, das MVZ erhält die Quartalspauschale genau so oft, wie es angestellte Ärzte (gemessen an der Kopfzahl) beschäftigt.

 


 

Spannungsfeld Arbeitgeber- Arbeitnehmerverhältnis

Bei der Diskussion über die Prozesse rund um den eHBA und deren Finanzierung haben komplexe Praxisstrukturen mit angestellten Ärzten offensichtlich keinerlei Rolle gespielt. Alle Vorgaben sind vielmehr konsequent auf den selbständig niedergelassenen Arzt zugeschnitten. Das dürfte in den nächsten Monaten zu einigen Auseinandersetzungen zwischen Arzt und arbeitgebender Praxis/MVZ führen.

Auch wenn daher noch etwas Luft bleibt, bevor es zeitlich eng wird, sollten Praxisinahber und MVZ-Leiter schon jetzt über eine Strategie nachdenken, wie sie mit den aufgeworfenen Fragen umgehen: Der Elefant steht bereits im Raum und wird auch nicht mehr weggehen. Generell ist es daher zu empfehlen, sich in dieser Frage gegenüber den angestellten Ärzten klar zu positionieren und schon im Vorfeld Fragen der Kostenübernahmen und ihrer Bedingungen, aber zum Beispiel auch, was beispielsweise bei einem Arztwechsel passiert, zu klären.

Auszug - Bedeutung für Arbeitgeber angestellter Ärzte

In der Konsequenz ist es insbesondere für größere Kooperationen, die mit angestellten Ärzten arbei­ten, unabdingbar, sich praxisindividuell mit der Frage zu befassen, wie man sich bezüglich des eHBA positioniert und welche Angebote hier gegebenenfalls den angestellten Medizinern gemacht werden oder eben nicht.

Denn obwohl es sich in der Gesamtbetrachtung – insbesondere auch aus Arztsicht – bei rund 450 Euro auf einen Fünfjahreszeitraum eher um Peanuts handelt, ist das ganze Thema geeignet, in den nächsten Monaten zum betriebsinternen Sprengstoff zu werden, weil die ‚normalen‘ Zuständig­keitsgrenzen zwischen Arzt und Arbeitgeber durch die Umstände völlig eingerissen werden. Gerade an der Schnittstelle „angestellter Arzt und MVZ als Arbeitgeber“ dürfte der eHBA daher ein eher sensibles Thema sein.

Mögliche Argumente der Ärzte:

  • Das MVZ muss den eHBA bezahlen, denn es erhält ja auch die Erstattung.
  • Das MVZ will ja, dass ich den Ausweis habe, muss sich also auch kümmern.
  • Ich brauche den Arztausweis ja nicht, sondern das MVZ/die Praxis.
  • Ich bin doch angestellt, weil ich mich um solchen Kram gar nicht kümmern will.
  • Das MVZ XY übernimmt die Kosten für den eHBA der Ärzte doch auch.

Mögliche Argumente des MVZ/Praxisinhabers:

  • Der Arzt erhält die Rechnung, muss also auch zahlen.
  • Es ist ja ein persönlicher Ausweis, den der Arzt als Nachweis braucht, nicht das MVZ.
  • Die Quartalspauschale von 11,63 Euro wird die Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit der Infrastruktur, nicht für die Karte bezahlt.
  • Wir könnten als Prämie/Leistungsbestandteil vereinbaren, die Kosten zu tragen.
  • Der Ausweis gehört zu den ärztlichen Berufspflichten.

In der Folge entsteht hier ein dreifaches Spannungsfeld: zum Ersten grund­sätzlich wegen der Differenz zwischen Kosten und Erstattung, zum Zweiten zwischen angestelltem Arzt und Praxis­inhaber, darüber wem, wie und wann die Erstattung zusteht, verbunden mit der kaum aufzulösenden Frage, wer eigentlich genau den Nutzen der eHBA hat: Arzt oder MVZ? Und zum Dritten bezüglich der Frage, was mit den Kosten passiert, wenn ein angestellter Arzt die Arbeitsstelle wechselt.  Nicht geregelt ist zudem die Kostenerstattung für den eHBA von Ärzten, die nicht zur Praxis gehören, diesen aber benötigen, weil sie zum Beispiel Vertretungen übernehmen.