Ausdrücklich unterstützt der BMVZ die von KBV und GKV-Spitzenverband mit Einführung des Arztgruppenfalls gefundene Lösung zur Umsetzung der TSVG-Honoraranreize, und befürwortet insoweit auch die kürzlich erfolgte Rücknahme der Beanstandung durch die Rechtsaufsicht.
Weiterführende Informationen
und Erläuterungen
Zeitschiene & Fakten
Erläuterung Arztfall & Behandlungsfall
Erläuterung Behandlungsfall & Kooperationszuschlag
Hintergrund zum Arztgruppenfall
als neue Systemgrundlage
Grundbegriffe des Honorarsystems
Die vom BMG diesbezüglich am 26.9.2019 erfolgte Beanstandung sei zwar rechtlich nachvollziehbar. Jedoch setzt die Arztgruppenfallorientierung des Bewertungsausschusses dem gegenüber die aus Patienten- und Sytemsicht richtigeren Schwerpunkte und verhindert eine falsche Anreizsetzung, wie sie durch die Behandlungsfallorientierung implizit wäre.
Obwohl die vom Gesetzgeber geplante Honorarförderung – Ausbudgetierung aller Leistungen bei Neupatienten im Behandlungsfall – komplexe Versorgungsstrukturen bei der Vergütung besser gestellt hätte, als die am 1.9.2019 tatsächlich in Kraft gesetzte Lösung, sieht der BMVZ-Vorstand daher den Bewertungsausschuss mit der Einführung des Arztgruppenfalls auf dem richtigen Weg.
In der Auseinandersetzung zwischen BMG als Rechtsaufsicht und dem Bewertungsausschuss ging es um die praktische Umsetzung der am 14.03.2019 vom Bundestag mit dem TSVG beschlossenen Änderungen, mit denen Ärzte z.B. für Neupatienten durch Ausbudgetierung der Vergütung mehr Honorar erhalten. Hintergrund ist die Absicht, Wartezeiten auf Termine durch gezielte Honoraranreize zu verkürzen.
Strittig war die Frage, ob die Honoraranreize auf den gesamten Behandlungsfall (Gesetzgeber) oder nur auf den jeweiligen Arztgruppenfall (Bewertungsausschuss) zu beziehen sind. Diese Unterscheidung ist ausschließlich für kooperative Leistungserbringer, wie fachübergreifend aufgestellte BAG und MVZ sie darstellen, relevant.
Tatsächlich ist dieser Fall nur einer von vielen, an denen sich exemplarisch aufzeigen lässt, dass die Behandlungsfallorientierung, die seit Sommer 2009 der gesamten Abrechnungssystematik zugrunde liegt, für komplexe Kooperationsstrukturen, also vor allem für fachübergreifende BAG und MVZ auf vielen Ebenen Honorarprobleme mit sich bringt.
Allerdings sind die Effekte – anders als im hier vorliegenden Kontext – zumeist negativer Natur. Es ist leider Fakt, dass die fachübergreifende Zusammenarbeit dadurch wirtschaftlich unattraktiv ist und deshalb – trotz ihrer in vielen Fällen evidenten Sinnhaftigkeit – für Ärzte oft nicht in Frage kommt.
EBM 2013: Korrektur eines Geburtsfehlers in letzter Sekunde
(BMVZ-Artikel v. 4. Oktober 2013)
Das muss besser werden!
Berücksichtigung von MVZ & BAG bei der Leistungsabrechnung
(BMVZ-Artikel v. 17. Dezember 2017)
MVZ plattgemacht!
(Aufsatz aus der KMA – Ausgabe 1/2010)
Förderung von Kooperationen: Theorie trifft Realität
(Aufsatzsammlung aus der AuK – Ausgabe 11/2013)
Die aktuelle Auseinandersetzung sollte entsprechend zum Anlass genommen werden, die Anwendung des Arztgruppenfalls im Minimum auch auf weitere Kontexte – wie die fachärztliche Grundpauschale (PFG) oder den Laborwirtschaftlichkeitsbonus – auszudehnen.
Weitergehende Forderung des BMVZ ist es jedoch, das komplette Honorarsystem auf den Arztgruppenfall umzuorientieren, wodurch implizit auch das komplizierte Zuschlagssystem für MVZ (Kooperationszuschlag) ersatzlos entfallen könnte. Notwendig wäre lediglich, die zehnprozentige Zuschlagspauschale für diejenigen BAG oder MVZ-Abteilungen fortzuführen, bei denen dieselbe Fachgruppe durch mehrere Ärzte, die zusammen im Umfang von mehr als einem ganzen Versorgungsauftrag tätig sind.
Folge wäre ein deutlich einfacheres und transparentes Honorarsystem, bei dem Leistungen unabhängig davon, ob sie durch Ärzte in Einzelniederlassung oder durch kooperativ tätige Ärzte erbracht würden, gleich vergütet würden.
Zum Hintergrund:
Zeitschiene & Fakten zur Umsetzung der Honoraranreize des TSVG
In Umsetzung des TSVG (hier § 87a Absatz 3 Satz 5 SGB V) hat der Bewertungsauschuss (KBV & GKV-Spitzenverband) im Sommer 2019 zahlreiche Details zu den vorgesehenen Vergütungsanreizen geregelt. Darunter auch, in welchem Umfang die Leistungen der Ärzte bei Neupatienten und Patienten in der offenen Sprechstunde extrabudgetär vergütet werden. Obwohl hier im Gesetzestext vorgegeben ist, dass in diesen Konstellationen alle Leistungen im Behandlungsfall ausbudgetiert werden, haben KBV und GKV-Spitzenverband sich in der 445. Sitzung des BA darauf verständigt, die Ausbudgetierung der Leistungen auf den extra neu eingeführten Arztgruppenfall zu beschränken. Dies wurde – neben weiteren Punkten – vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit Schreiben vom 26. September 2019 beanstandet. Ausweislich verschiedenen Veröffentlichungen der KV Rheinland-Pfalz hat erkennt der BA die Beanstandung jedoch hinsichtlich des Arztgruppenfalls nicht an und hat dagegen geklagt. Im Ergebnis von Fachgesprächen zwischen BMG und Bewertungsausschuss, zu denen es bisher keine Details gibt, wurde die Beanstandung hinsichtlich der Nichtumsetzung des Behandlungsfallbezuges von der Rechtsaufsicht Anfang Dezember zurückgenommen.