Patientendaten-Schutzgesetz:
Was kommt auf ambulante Versorger zu?

Logo_Politik

Mit dem Patientendaten-Schutzgesetz kurz PDSG soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben werden. Zentraler Bestandteil der Bestrebungen ist, die digitale Kommunikation zwischen Leistungserbringern und Patienten sowie den Leistungserbringern untereinander zu ermöglichen.

Am 3. Juli 2020 wurde der Gesetzesentwurf im Bundestag (zum Entwurf) beschlossen, voraussichtlich im Herbst soll das Gesetz in Kraft treten. Was in den nächsten Monaten und Jahren auf Sie zu kommen wird, und was ambulante Versorger über das Gesetz wissen müssen, erläutern wir hier.


Schnellzugriffe
——————————–
–> Die wichtigsten Regelungen
–> Erste Einschätzung
–> Weiterer Regelungsbedarf
–> Weiterführende Meldungen

 

Die wichtigsten Regelungen

Die Elektronische Patientenakte (ePA)Elektronisches RezeptSchutz der PatientendatenEntwicklung von SoftwarelösungenÄnderungen für Pflegeberufe

Honorar und Vergütung
Für die Erstbefüllung erhalten Ärzte und Krankenhäuser einmalig 10,00 EUR. Für die Unterstützung bei der weiteren Verwaltung der Daten soll ebenfalls eine Vergütung gezahlt werden. Die genaue Höhe der Vergütung soll von der Selbstverwaltung festgelegt werden.

Zugriff auf die Daten
Zugriff auf die Patientendaten haben insbesondere Ärzte, Psychotherapeuten unter Umständen Pflegepersonal, Apotheker und Heilmittelerbringer. Der Zugriff auf die Daten muss vom Versicherten ausdrücklich erlaubt werden.

Zeitplan

2021: Krankenassen werden verpflichtet, den Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung zu stellen. Die Nutzung durch die Versicherten ist optional. Die ePA speichert u. A. Befunde und Arztbriefe. Folgende Dokumente sollen auf der ePA gespeichert werden:  Befunde, Arztbriefe, Diagnosen, Patienteninformationen, der Mutterpass, U-Heft und Impfausweis.

2022: Patienten erhalten die Möglichkeit genau festzulegen, welcher Arzt welche Dokumente in der ePA einsehen darf. Bis dahin haben alle Ärzte den Zugriff auf alle hinterlegten Dokumente.

2023: Patienten können die hinterlegten Daten freiwillig, pseudonomisiert und verschlüsselt der medizinischen Forschung zur Verfügung stellen.

Für das Jahr 2021 ist die Entwicklung einer App geplant. Dann sollen Patienten mit dem Smartphone Rezepte in der Apotheke einlösen können. Eine elektronische Überweisung an den Facharzt ist ebenfalls geplant.

Der Schutz der Daten unterliegt dem jeweiligen Nutzer der TI, sprich den Ärzten, Apothekern und Krankenhäusern. Betreiber von Diensten und Komponenten der TI drohen bis zu 300.000 EUR Bußgeld, sollten sie Störungen und Sicherheitsmängel nicht rechtzeitig an die Gematik melden.

Elektronische Patientenakten dürfen nur von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen angeboten und entwickelt werden. Sie müssen von der gematik zertigiert werden. Angebote aus der Industrie werden  nicht zugelassen. Die KBV erhält die Möglichkeit Softwarelösungen selbst zu entwickeln.

Beschäftigte in der Altenpflege sollen, vergleichbar mit der Arztnummer ebenfalls eine Identifikationsnummer erhalten.

Erste Einschätzung

Mehraufwand und Vergütung

Ob und in welcher Höhe es insbesondere durch die Datenverwaltung der Patienten und der elektronischen Kommunikation der Versorger untereinander zu einem Mehraufwand für Ärzte und Praxen kommen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzuschätzen. Dies wird erst der Alltag zeigen.

Der zeitliche Mehraufwand (falls er eintritt) muss von den Praxen in jedem Fall gestemmt werden, zwar können Vorgänge die die ePA betreffen auch an medizinisches Fachpersonal delegiert werden, diese benötigen dafür aber ebenfalls Kapazitäten, die ihnen gegebenenfalls an anderer Stelle fehlen wird. Wie groß hier am Ende das Kosten-Nutzen-Verhältnis (für Ärzte und Patienten) ausfallen wird, bleibt also abzuwarten.

Wie und in welchem Umfang hier vor allem eine Vergütung zu erwarten ist, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Bis auf die veranschlagten 10,00 Euro für die Erstbefüllung werden die weiteren Regelungen den jeweiligen KVen überlassen. Es ist also davon auszugehen, dass hier in Zukunft regional höchst unterschiedliche Regelungen getroffen werden.

Ausstattung und Honorare

Ebenfalls ungeklärt bleibt die Frage wer in welchem Umfang für die Kosten und Ausstattung der Praxen mit der erforderlichen Hard und Software aufkommt. Zwar sind KBV und GKV-Spitzenverband dazu angehalten eine gemeinsame Lösung zu finden, aber die Diskussion um die finanziellen Entschädigungen dürfte hitzig werden, nachdem der AOK-Bundesverband schon klargestellt hat, dass „es nicht sein kann, dass die Ärzte für jeden Klick in ihrer Praxis-Software extra bezahlt werden.“

Dass ohne Klärung dieser Fragen aber schon eine Honorarkürzung vorgesehen wurde, falls die erforderlichen Komponenten nicht rechtzeitig in den Arztpraxen vorhanden sind, dürfte für Unmut bei den beteiligten Sorgen und die Akzeptanz für das Projekt nicht erhöhen.

Akzeptanz der Versicherten

Ob und in welchem Umfang die ePA von den Versicherten überhaupt angenommen wird, bleibt ebenfalls abzuwarten. Dass die manuelle Freigabe von den eigenen Daten erst ab 2022 möglich sein soll, dürfte viele Patienten abschrecken. Denn bis dahin, können alle Ärzte alle Befunde des Patienten sehen und darauf zugreifen. Der Patient hat in diesem Fall keine Kontrolle und der HNO-Arzt kann beispielsweise die Befunde des Psychologen sehen und andersrum.

Ob die Patienten diese Informationen aber so bereitwillig teilen wollen, ist fraglich.

 

Weiterer Regelungsbedarf

Überweisung zu Fachärzten
Die Überweisung zu Fachärzten soll elektronisch erfolgen. Bei der Überweisung soll ebenfalls auf die TI zurückgegriffen werden. Auf näheres sollen sich KBV und GKV-Spitzenverband einigen. Weitere Details sind noch nicht bekannt.

Erforderliche Komponenten - Erstattung und Honorarkürzungen
Ärzte und Praxen müssen bis zum 30. Juni 2021 den Nachweis erbracht haben, dass sie über alle Komponenten verfügen, um auf die ePA zugreifen zu können. Geschieht das nicht, wird ihr Honorar um einen Prozent gekürzt, bis sie den Nachweis erbracht haben.

Für die Beschaffung der Komponenten erhalten Praxen eine Erstattung von den Krankenkassen. Wie und in welcher Höhe diese ausfällt, ist noch nicht näher definiert. Bis zum 1. Oktober sollen sich GKV-Spitzenverband und KBV auf die Höhe und Abrechnung der Erstattung in den Bundesmantelverträgen einigen.

Allgemeine technische Anforderungen
Neben den oben genannten Punkten soll das Gesetz außerdem technische Spezifikationen regeln, die hauptsächlich die Gesellschaft für Telematik, Krankenkassen und die späteren Entwickler von Anwendungen betreffen. Die vorgesehenen Regelungen sind wichtig für die spätere Ausgestaltung der Anwendungen, insbesondere deren Sicherheit, sind zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht für ambulante Versorger relevant.

 

Weiterführende Meldungen

ÄrzteZeitung – 03. Juli 2020
Koalition bringt E-Patientenakte Richtung Versorgung

änd – 03. Juli 2020
„Wir wollen Digitalisierung gestalten – mit Zuversicht und guter Laune“

ÄrzteZeitung – 28. Mai 2020
Patientendaten: Union und SPD uneins über Zugriffsrechte für die Forschung

Ärzteblatt – 26. Mai 2020
Bei elektronischer Patientenakte könnte es zu Verzögerungen kommen

ÄrzteZeitung – 25. Mai 2020
KBV und BÄK wenden sich gegen TI-Sanktionen

DAZ online – 26. Mai 2020
ABDA wünscht sich Verfügbarkeitsabfrage per E-Rezept-App

KMA online – 26. Mai 2020
eHealth-Allianz: Patientendaten-Schutz-Gesetz für private Forschung öffnen

ÄrzteZeitung – 14. April 2020
Die ePA als Herzstück KI-basierter Medizin

Ärzteblatt – 10. April 2020
Patientendaten-Schutz-Gesetz: E-Rezept und E-Akte im Fokus