MVZ und Private-Equity-Kapital:
Ein Anschlag auf die Verhältnismäßigkeit

Bis vor kurzem noch waren es die Krankenhaus-MVZ, die im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik standen und die wiederum dazu führte, das Negativimage von MVZ in Mittelpunkt zu rücken. Jetzt sind es private Investoren, die diese Rolle übernehmen.

 

 

Ebenso wie im Fall der Kliniken, werden nicht die Investoren angegangen und hinterfragt, sondern die Investitionsobjekte: die MVZ. Damit stehen sie mal wieder in einem Negativ-Fokus, der vom eigentlichen Auftrag, nämlich der ambulant-kooperativen Versorgung wegführt.

 

Ohne die tatsächliche Relevanz des Themas Private-Equity-Investoren schmälern zu wollen, gilt es doch, das Ausmaß und die Hintergründe näher zu beleuchten: Wie werden Informationen gesteuert und welche Aspekte sollten unbedingt in die Schlussfolgerung einbezogen werden?

 

Medialer Zündstoff:
Wahrnehmung und Wahrheit

Einen nicht unerheblichen Beitrag zum Wecken von Aufmerksamkeit spielt die Presse-Berichterstattung. Die Informationen werden per Bild und Schrift in die Wahrnehmung der Leser transportiert. Ohne die journalistische Professionalität zu kritisieren, sind es objektiv die Nachrichtenwerte ‚Sensation‘, ‚Dramatik‘, ‚Schaden‘, die das Interesse von MVZ-Gegnern auf sich ziehen und diese im Anschluss, rein nach dem Gesetz der kognitiven Dissonanz –  lies, was die eigene Meinung stützt – argumentieren lässt.

Das hohe Maß an beinahe reißerisch wirkenden Überschriften, assoziieren tatsächlich einen ‚heuschreckenartigen Übergriff‘, eine ‚feindliche Übernahme‘ niedergelassener Arztpraxen durch ‚MVZ-Ketten‘ und vor allem eine Verschlechterung in der Patientenversorgung.

*Überschriften wie „Z-MVZ: BZÄK sieht Patientenwohl in Gefahr“, „Investoren auf Einkaufstour“  oder „Private-Equity und MVZ: Ärzte diskutieren Strategien gegen Heuschreckenbefall“ assoziieren Hab-Achtstellung. Seitens der Presse geht es um das Ringen um Leser – doch für MVZ-Träger und die ambulante Versorgung sind solche Überschriften medialer Zündstoff in einer ohnehin schon nicht sehr sachlich geführten Diskussion.

 

Zurück zur Sachlichkeit

Sachlich-faktisch formulierte Fragen könnten beispielsweise sein: Ab wie vielen MVZ eines Trägers gelten sie als MVZ-Kette? Wie viele dieser Ketten gibt es derzeit tatsächlich? Wie sind sie geografisch verteilt? Welche Fachrichtungen vertreten sie? Werden Sachverhalte, wie sie derzeit in der Zahnmedizin zu beobachten sind, pauschal auf die Humanmedizin übertragen? Und: Kann nicht auch eine MVZ-Kette, so sie als solche definiert ist, dem Patientenwohl dienen?

Gerade bei diesen komplexen und diffizilen Sachverhalten ist journalistische Fachkenntnis und präzise Ausdrucksweise gefragt. Ungenauigkeiten können leicht zu Missverständnissen führen.

So liest man häufig, dass ein Arzt seine Praxis – per Definition die Räumlichkeiten und das dazugehörige Inventar –  verkaufen möchte, doch ist im formulierten Zusammenhang eigentlich die Zulassung in Form des  Arztsitzes gemeint.

Fakt ist, dass ein abgebender Arzt, völlig legitim, seine Rente oder einfach seinen Lebensstandard sichern möchte. Basis hierfür bildet der Verkauf seiner Abrechnungs-Lizenz, des Arztsitzes. Ebenfalls ist Fakt, dass dies auf dem Land derzeit besonders schwierig ist. An wen abgeben, wenn keiner da ist? Und was ist, wenn ein MVZ-Träger sowohl als Käufer als auch potenzieller Weiterversorger zur Verfügung steht?

Laut des Ergebnisses einer vom änd durchgeführten Umfrage zum Praxis-verkauf haben unter den 880 Ärzten auf die Frage „Würden Sie Ihre Praxis auch an eine MVZ-Kette verkaufen?“ 24% mit „ja“ und 53% mit „unter Umständen – wenn der Preis stimmt“ geantwortet. Lediglich 23% schlossen einen Verkauf Ihrer Praxis an eine MVZ-Kette aus.

Damit werden derzeit in der öffentlichen Diskussion zwar diejenigen an den Pranger gestellt, die die Arztsitze übernehmen, sprich MVZ-Träger, nicht jedoch diejenigen, die ihre Sitze abgeben. Dabei ist anzunehmen, dass sich unter den 77% der Ärzte, die ihren Sitz an eine MVZ-Kette abgeben würden, auch Contra-MVZ Verfechter befinden. Dies ist keine Wertung, sondern soll lediglich dahingehend sensibilisieren, dass auch der Praxis-Markt durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird und nicht ausschließlich aus dem altruistischen Gedanken des Patientenwohls.

Der gute MVZ-Gedanke

Was in den Zeiten der Heuschrecken-Debatte leider außer Acht gelassen wird, ist die Darstellung dessen, was ein Medizinisches Versorgungszentrum im besten Sinne ist und welche Möglichkeiten es in der ambulant-kooperativen Versorgung bietet. Die hitzige Diskussion unterschlägt die guten Gründe, warum sich MVZ im Laufe der letzten 15 Jahre sowohl gesundheitspolitisch etabliert, als auch gesundheitspraktisch bewährt haben.

Sicherlich muss das Augenmerk ohne Frage sensibel auf die derzeitigen Entwicklungen gerichtet sein, damit die bestmögliche Patientenversorgung gewährleistet bleibt. Doch sollte hierfür das gesamte Gesundheitssystem mit all seinen Mitspielern einbezogen und nicht das MVZ als Sündenbock herausgehoben werden. Diese Rolle nimmt es, aus welchen vielfältigen Gründen auch immer, seit seinem Bestehen ein.

Die kooperative Versorgung – politisch gewünscht und vom Patient benötigt – wird mit der aktuellen Debatte gewollt oder ungewollt in Frage gestellt. Bleibt zu überlegen, wie sich aktuell eine Versorgung ohne MVZ gestalten würde.

Um den Bogen zu schließen: die Fachpresse ist ein wichtiges Instrument, um Information zu verbreiten, Diskussionen zu entfachen und Aufklärung zu unterstützen. Doch verfügt das Wort – insbesondere das geschriebene Wort – über große Macht! Schön wäre es, diese im Namen der Kooperation ausgewogen und zum Wohl des Patienten zu nutzen – denn Gesundheit braucht Kooperation – auf allen Kanälen.

Aktuelle Presse-Beiträge

Orientierungswert von Susanne Müller, Geschäftsführerin des BMVZ
MVZ-Debatte: Ein Anschlag auf die Verhältnismäßigkeit
– Bibliomedmanager vom 27. November 2018

Gesundheitspolitik: Länder wollen Gründung
neuer Versorgungszentren für Zahnarztbehandlungen erschweren
– Handelsblatt, 22.November 2018

 

 

 

Die Beiträge zu den  Überschriften*

Z-MVZ: BZÄK sieht Patientenwohl in Gefahr
– IWW Institut vom 26.10.2018

Investoren auf Einkaufstour
– Deutsches Ärzteblatt online, Oktober 2018

Private-Equity und MVZ:
Ärzte diskutieren Strategien gegen Heuschreckenbefall

–  Ärzte Zeitung online vom 19.11.2018

Praxisverkauf: Mehrheit der Ärzte fürchtet Probleme“
Zum Umfrage-Ergebnis
– änd vom 12.11.2018