Neben Detailfragen beschäftigen den BMVZ auch immer wieder die großen Themen: Wohin entwickeln sich MVZ in der Zukunft? Welchen Weg sind sie gegangen? Wo liegen aktuell die größten Hürden? Der änd hat dazu den BMVZ-Vorstandsvorsitzenden Dr. Peter Velling in einem Interview befragt, das Sie auch hier lesen können.
INHALT
Erfolgsmodell MVZ
Investoren in der ambulanten Versorgung
Angestellte Ärzte in der Selbstverwaltung
Agenda des BMVZ
30 Jahre Wiedervereinigung – Erfolgsmodell MVZ
Zum 30-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung feiert die Einheits-Expo in Brandenburg Medizinische Versorgungszentren als Erfolgsmodell. Worin genau besteht denn der Erfolg der MVZ Ihrer Meinung nach?
Ich persönlich habe das Modell MVZ bei meiner Ost-Bekanntschaft kennengelernt. Dort hat die Poliklinik Pasewalk zu DDR.Zeiten mit vielen Fachgruppen die ganze regionale Versorgung einer dünn besiedelten Region übernommen, auch zum Teil in Therapie-Bussen für Orte ohne Arztpraxis. Der Begriff Poliklinik war in der Bundesrepublik aber schon für die Ambulanzabteilungen der Universitätskliniken besetzt. Daher brauchte man einen neuen Begriff. Jetzt heißen sie MVZ. Das ist Politik. Aber diese fachübergreifende Regionalversorgung, auch mit Krankenschwestern, heute NäPas, die zu den Patienten fahren, finde ich persönlich sehr gut. Denn man kann dort wie im Krankenhaus den „Flurfunk“ nutzen und sich mit anderen Fachgruppen austauschen.
Investoren – Ausverkauf für die ambulante Versorgung?
Der Präsident der Bundeszahnärztekammer hat kürzlich vor einem Ausverkauf der Zahnmedizin an Großinvestoren über sogenannte Investoren-MVZ gewarnt. Rund 200 davon soll es in Deutschland schon geben. Können Sie das bestätigen und: Teilen Sie die Befürchtungen?
Die Zahlen der BZÄK sind plausibel. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Zahnärzten und Ärzten ist aber, dass die Zahnärzte keine Einschränkungen durch die Bedarfsplanung haben. Also gibt es eine unendliche Zahl von Sitzen. Deswegen ist diese Entwicklung in diesem Tempo nur für den zahnärztlichen Bereich möglich. Wir haben mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZVB) schon mehrfach darüber gesprochen. Zur Bedarfsplanung zurück wollen die Zahnärzte jedoch auch nicht. Dadurch ist es so, dass man zum Beispiel über den Kauf eines Krankenhauses in der Eifel Zahnärzte-MVZ in Bayern gründen kann.
Selbstverwaltung – Vertretung angestellter Ärzte
Wie sind MVZ denn inzwischen in der ärztlichen Selbstverwaltung – also in den Kammern und KVen – angekommen?
Es ist immer noch so, dass die angestellten Ärzte deutlichen Nachrang in der Vertreterversammlung haben. Sie werden bei Entscheidungen nicht so einbezogen wie niedergelassene Ärzte. Das ist ein strukturelles Problem: Die KV kann ihre angestellten Ärzte nur schwer erreichen. Sie hat die Verpflichtung, Post an den Praxissitz zuzustellen. Bei den angestellten Ärzten im MVZ kommt die Information so jedoch nicht sicher an. Wir merken das immer wieder, auch KV-übergreifend in den beratenden Fachausschüssen für angestellte Ärzte. Es muss in den Einrichtungen aber auch in den KVen eine neue Kultur der Weitergabe von Informationen entstehen.
BMVZ – politische Agenda
Und welche Schritte in politischer Richtung plant Ihr Verband als Nächstes?
Mich persönlich bewegt die Frage: Warum muss man eine Reform der Notfallversorgung planen, ohne MVZ mitzudenken? Warum das nur Krankenhäuser machen sollten, ist für mich nicht klar. Generell finde ich es nicht richtig, den niedergelassenen Bereich da komplett herauszulassen. Außerdem sollten wir darüber nachdenken, wie man niedergelassenen Ärzten Krankenhausinfrastruktur zugänglich machen kann. Das stundenweise Vermieten von OP-Sälen oder Diagnostikräumen ist da ein zentraler Aspekt. Aber das sind langfristige Projekte.