Ärztliche Leitung im MVZ:
Benennung mehrerer Ärzte möglich?


HINWEIS: Die Geschäftsstelle des BMVZ bietet keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes an; der hier übernommene Dialog beinhaltet daher lediglich auf Erfahrungen und Recherchen beruhende Auskünfte und Meinungen ohne Anspruch auf Fehlerfreiheit oder Vollständigkeit. 


Die Darstellung des Dialogs folgt weitestgehend der ursprünglichen Form, d.h. es handelt sich um eine mit möglichst wenigen Modifikationen vorgenommene Transkription von Anfragen aus dem Geschäftsstellen-Alltag in eine internet-taugliche Form.

Frage

Wir beabsichtigen ein MVZ zu gründen.

Es gibt einen ganzen Allgemeinmediziner Sitz sowie einen halben
orthopädischen Sitz.

Kann die ärztliche Leitung von beiden
Medizinern übernommen werden?


 

Antwort
(bearbeitet Januar 2018):

 

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,

die Vorgaben des Gesetzgebers zur Ärztlichen Leitung sind denkbar knapp gehalten. Letztlich heißt es im SGB V nur, dass es eine solche geben muss, und dass der Ärztliche Leiter im MVZ selbst vertragsärztlich tätig sein muss. Darüber hinaus sind viele Fragen ungeregelt, bzw. folglich dem Ermessen der regionalen KVen unterworfen. Dies gilt insbesondere auch für Fragen zu Vertretung und Stellvertretung des Ärztlichen Leiters.

Prinzipiell kann ein MVZ auch mehrere Ärztliche Leiter haben. Teilweise gefordert wird dies seitens der KVen sogar bei vertragsärztlichen MVZ in der Rechtsform der GbR. Hintergrund ist die (irrige) Annahme, dass nur wenn alle Partnerärzte gleichermaßen ‚Chef‘ sind, die Freiberuflichkeit und Selbständigkeit jeden Arztes gewährleistet ist.

Bei allen anderen MVZ-Varianten ist die Lage dagegen ausgesprochen uneinheitlich. Möglich ist dies, weil im ambulanten Gesundheitswesen die Gestaltungsgewalt der KVen ausgesprochen weitreichend ausgestaltet ist und gleichzeitig verbindliche Bundesgesetze nur einen groben Rahmen vorgeben, der dann ausgestaltet wird.

Zusammengefasst gilt also Folgendes:

  • grundsätzlich können auch zwei Ärzte (gleichberechtigte) ÄL sein
  • es sei denn die KV ist dagegen, denn es gibt keine belastbare Rechtsquelle dafür
  • allerdings auch nicht für das Gegenteil
  • es gibt KVen, die hier überhaupt kein Problem sehen
  • welche, die ein ÄL je vertretener Fachrichtung zu lassen (wie bei Ihnen angedacht)
  • welche, die streng nur einen einzelnen zulassen.

Für Ihre Pläne bekommen Sie dies nur konkret raus, wenn Sie bei Ihrem regional zuständigen Zulassungsausschuss anfragen. Aufgrund des hohen Regionalitätsfaktors können wir Ihnen die gewünschte Antwort leider nicht ad hoc erteilen.

Als weitere Recherchegrundlage hier ein Auszug aus Kremer/Wittmann „Ärztliche Zulassungsverfahren (3. Auflage) – Randnummer 854, bzw. Seite 255)“

"Gemäß § 95 Absatz 1 Satz 4 SGB V ist eine kooperative Leitung möglich [... ] Es handelt sich hierbei um eine Gestaltungsoption für den Träger des MVZ, die auch bei MVZ gegeben ist, in denen lediglich Angehörige einer Berufsgruppe tätig sind."
(Hinweis: mit einer Berufsgruppe ist hier gemeint, dass nur Ärzte (also nicht auch Zahnärzte oder Psychotherapeuten) im MVZ tätig sind.

Sollte der Sachbearbeiter über Ihre Frage irritiert sein, was ich nicht hoffe, kann es lohnend sein, diese Buchstelle als Referenz heranzuziehen. Es handelt sich um ein – meins Erachtens – sehr empfehlenswertes Fachbuch (in der 2017er Auslage), für alle die ambulant unterwegs sind und das Wissensgefälle gegenüber der KV verkürzen wollen.

Nützlich ist auch ein Blick in den zweiteiligen Aufsatz ‚Ärztlicher Leiter des MVZ‘ von Dr. Kyrill Makoski & Christian Krapohl, der in der GesR – Zeitschrift f. Gesundheitsrecht veröffentlicht wurde (Ausgaben 12/2013 + 1 /2014).

Dort wird von den Autoren darauf verwiesen, dass ‚die frühzeitige Benennung eines stellvertretenden Ärztlichen Leiters‘ – als Variante zu gleichberechtigten Ärztlichen Leitern – ‚den Vorteil habe, dass auch dann ein Ärztlicher Leiter vorhanden ist, wenn der eigentliche Ärztliche Leiter plötzlich und unvorhergesehen ausfällt, wodurch gerade bei größeren MVZ die Struktur stabilisiert würde.‘

Auch diese Stellvertretervariante, wo es also einen ‚Haupt-Ärztlichen Leiter‘ und ein oder mehrere sekundäre Leiter gibt, wird nicht von allen KVen akzeptiert. Wir versuchen hier peu á peu, durch Rückmeldungen von betroffenen MVZ unseren Überblick zu vervollständigen, wie die regionalen Befindlichkeiten sind. Aus diesem Grund wäre ich Ihnen für eine Ergebnisinfo, nachdem Sie mit der KV gesprochen haben, dankbar.