Vorbereitung der MVZ-Übergabe
aus Sicht eines Inhaberarztes


HINWEIS: Die Geschäftsstelle des BMVZ bietet keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes an; der hier übernommene Dialog beinhaltet daher lediglich auf Erfahrungen und Recherchen beruhende Auskünfte und Meinungen ohne Anspruch auf Fehlerfreiheit oder Vollständigkeit. 

Die Darstellung des Dialogs folgt weitestgehend der ursprünglichen Form, d.h. es handelt sich um eine mit möglichst wenigen Modifikationen vorgenommene Transkription von Anfragen aus dem Geschäftsstellen-Alltag in eine internet-taugliche Form.


Welche Möglichkeiten gibt es, wenn ich nicht länger als
Vertragsarzt tätig bin, weiter im MVZ tätig zu sein?

 

Antwort
(bearbeitet im Dezember 2016):

 

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,

im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass bei der gesamten bisherigen MVZ-Gesetzgebung Aspekte der Übergabe, bzw. Weitergabe dieser Strukturen kaum bedacht wurde. Es gibt ja auch bisher kaum Präzedenzfälle, da die Gründer der  Anfangsjahre gerade erst beginnen, sich mit diesen Fragen zu befassen.

Als Ergebnis dieser beiden Fakten ergibt sich, dass Sie (und ähnlich betroffene Vertragsärzte) tatsächlich im Moment mit den vielen berechtigten Fragen ziemlich alleine dastehen.

Dadurch, dass der Gesetzgeber bisher bestrebt war, den Kreis der potentiellen Gründer einzuschränken, ist implizit stets auch der Kreis der denkbaren Gesellschafter mit enger gefasst worden. Soll heißen, wenn Sie selbst nicht mehr vertragsärztlich tätig sind, gibt es keine Möglichkeit, wie Sie weiter verantwortlich Gesellschafter des MVZ bleiben können. Dies ergibt sich aus den sozialrechtlichen Vorgaben des SGB V.

Also wäre darüber nachzudenken, wie Sie den Vertragsarztstatus beibehalten und dennoch Ihre eingesetzte Zeit für die Sprechstunden reduzieren können .

Anders als Sie annehmen, können in einem MVZ beliebig viele Ärzte angestellt werden, auch wenn ein einzelner Arzt wie bei Ihnen Alleingesellschafter ist. Denn die von Ihnen zitierte Vorgabe des BMV-Ä gilt für das MVZ selbst explizit nicht. Hier besteht also kein Zusammenhang zur Zahl der Gesellschafter.

Sie könnten nun einen halben Sitz in das MVZ einbringen und mit einem weiteren Angestellten bespielen. Die andere Hälfte sichert Ihnen den notwendigen Gesellschafterstatus. Weiter reduzieren geht im Status des Vertragsarztes nicht.

Sie können aber auch Ihren ganzen Sitz in des MVZ einbringen und angestellt weiterarbeiten. Minimal ist hier die Viertelstelle, bei der Sie zwischen ein und zehn Wochenarbeitsstunden arbeitsvertraglich leisten müssten – wobei in Umrechnung der Sprechstundenvorgaben aus der Zulassungsverordnung mindestens fünf Sprechstunden abzuhalten wären – also faktisch ein fester Praxistag die Woche.

Dabei verlieren Sie natürlich Ihren Vertragsarztstatus. ABER: Unter tatkräftiger Initiative unsererseits haben wir mit dem letzten Gesetz (VSG) erreichen können, dass für sogenannte Gründerärzte, die den eigenen Sitz ins MVZ einbringen, um darauf angestellt weiter zu arbeiten, weiterhin die Gesellschafterstellung zulässig ist.

Heißt, obwohl angestellte Ärzte normalerweise gerade keinen Trägerstatus haben,  gibt es eine Ausnahme für Ärzte wie Sie, die Sie in Anspruch nehmen können. Solange Sie angestellt in ihrem eigenen MVZ weiter tätig sind (min. 1/4-Stelle) können Sie (Allein-)Gesellschafter bleiben.

Ohnehin ist darüber nachzudenken, Ihren Sitz rechtzeitig einzubringen, da im Moment davon auszugehen ist, dass die neue, strenge Vorgabe des BSG, nach dem ein Sitz vom einbringenden Arzt die nächsten drei Jahre persönlich zu bespielen ist, auch für Ärzte wie Sie gilt.
D.h. obwohl Sie schon über Jahre als Vertragsarzt im MVZ tätig sind, zählt  – so wie sich die Rechtslage aktuell darstellt – diese Frist erst ab dem Datum der tatsächlichen Umwandlung in einen angestellten Sitz. Sieht Ihre KV das auch so, können Sie Ihre Tätigkeit dann tatsächlich nur schrittweise reduzieren (um eine Viertelstelle je Jahr). Das erfordert also eine längere Vorlaufplanung.

Jobsharing könnte eine Möglichkeit sein – das hängt von der konkreten Konstellation ab. Und ob Sie einen ärztlichen Partner finden, der ein solches Modell mitmacht. Sie fragen ja gleichzeitig auch der Möglichkeit sogenannter ‚Nullbeteiligungsgesellschafters‘. Der Berliner würde hier sagen: ‚Nachtigall, ick hör dir trapsen‘ …

Das ist natürlich nicht zulässig. Und wird von Finanzämtern auch (bei Aufdeckung) empfindlich geahndet. Zu denken ist hier auch an die Sozialversicherung, die sich in solchen Fällen (Scheinselbständigkeit) um die ordnungsgemäßen Abgaben geprellt fühlt – tatsächlich gilt der Nullgesellschafter als verdeckter Arbeitnehmer – das wird auch nach der Realität und nicht anhand möglicher (fingierter) Verträge geprüft.
Auch bei den KVen gibt es Präzedenzfälle – teils höchstrichterlich entschieden, wonach Honorare, die in solchen ‚Gesellschaftsmodellen‘ generiert wurden, als trotz der medizinischen und sachlichen Korrektheit der eigentlichen Leistungserbringung als Abrechnungsbetrug gewertet und teils vollends zurückgefordert wurden.


Soweit erstmal. Wahrscheinlich ergeben sich hieraus für Sie neue Fragen. Stellen Sie sie gern.

Jedoch möchte ich Ihnen den Rat mitgeben, die Festlegung, dass eine vollständige Abgabe nicht in Frage kommt, da die Immobilie in Familienbesitz sei, zu überdenken. bzw. an dieser Stelle nach  alternativen Möglichkeiten der Vermietung/Verpachtung zu suchen.
Vielleicht ist ja auch einer der bisher angestellten Kollegen an einer (schleichenden) Übernahme interessiert? Oder halt jüngere Kollegen, wie Sie ja auch schon andeuten. Aber auch hier ist eine Entkopplung des eigentlichen MVZ-Betriebs von der Gebäudefrage Voraussetzung. Denn früher oder später verlieren Sie für eine verantwortliche Beteiligung an ersterem die Berechtigung, während die Rolle als Vermieter, bzw. Grundeigentümer  nicht derart beschränkt ist.

Ganz klar brauchen Sie auch einen fachlich versierten und ebenso kreativen Rechtsanwalt für den Prozess, den Sie planen. Diesbezüglich können wir Ihnen gern ein paar Namen nennen.