Rezension: „Führungskompetenz für leitende Ärzte“

Eine Buchbesprechung von Susanne Müller, Geschäftsführerin BMVZ

HINWEIS: Diese Rezension stellt nicht mehr als eine subjektive Einschätzung des besprochenen Werkes durch den Autor, bzw. die Autorin dar, versucht darüber hinaus aber auch, Informationen über die Eignung des Buches für den jeweiligen Zweck/Zielgruppe zu vermitteln.
Der besonderen Verantwortung bei der Veröffentlichung kritischer, aber auch positiver Urteile sind sich dabei Autor und BMVZ (als verantwortlicher Dienstbetreiber) jederzeit bewusst.


Kurzbeschreibung
Unter dem Motto ‚Gute Führung ist keine Verwaltungs- sondern eine Gestaltungsaufgabe‘ zielt das Buch auf knapp 200 Seiten darauf ab, die Bereiche Mitarbeiterführung, Teambildung und Konfliktmanagement passgenau für Ärzte als ebenso wesentliche wie erlernbare Kompetenzen darzustellen und die dafür notwendigen theoretischen und praktischen Instrumente und Methoden zu vermitteln.

Eckdaten:

Buchtitel: Führungskompetenz für Leitende Ärzte
Autor: Jens Hollmann
Verlag: Springer Science + Business Media
Erscheinungsjahr: 2013 (in 2. Auflage)
ISBN: 978-3-642-29341-2
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Aufbau
Das Buch ist sehr kompakt betextet und mit zahlreichen s/w-Grafiken versehen. Die drei großen Kapitel Motivation, Team und Konflikt werden jeweils in einem ausführlichen Teil, der mit ‚Theorien für die Praxis‘ überschrieben ist, einer Fallbesprechung sowie einem Unterpunkt ‚Führungstools‘ behandelt. 
Da das ganze Buch den Leser unmittelbar anspricht und häufig im Fließtext die aktive Anrede benutzt wird, richten sich die Führungstools mit Checklisten oder Fragebögen ebenfalls direkt an den Leser und laden zur aktiven Beschäftigung mit dem Gelesenen ein. Ergänzt wird die Darstellung durch mehrere Interviews mit Praktikern aus dem Krankenhauswesen und jeweils einer Kapitel-Zusammenfassung „für eilige Ärzte“.
 
Inhalt
In den drei Kapiteln werden auf Basis einer ausführlichen und detaillierten Darstellung und Kommentierung der verschiedenen wissenschaftlichen Ansätze Erklärungsmuster für das menschliche Handeln geboten, ohne dabei einzelne Theorien oder Lehrmeinungen besonders herauszustellen. In der Gesamtschau entsteht so eine sehr differenzierte Ansammlung an Erklärungs- und Beeinflussungsmodellen, die – für die Rezensentin überraschend – viele Berührungspunkte zur eigenen Arbeits- und Erlebenswelt aufweisen.
Spürbar ist es dabei – ausgehend von der Theorie – Ziel des Autors, für den ärztlichen Alltag praktische Konsequenzen und Stellschrauben aufzuzeigen und den Leser zu motivieren, das eigene und das Kollegenhandeln auf Optimierungspotential zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass das Kapitel ‚Konflikt‘ gegenüber ‚Motivation‘ und ‚Team‘ mit Abstand den meisten Raum einnimmt.
 
Kommentar
Beim Lesen, das aufgrund des systematischen Aufbaus der Kapitel und Unterkapitel sehr gut auch quer funktioniert, fiel schnell sowohl die Vielzahl als auch die Detailfülle der dargestellten Theorien und Erklärungsmodelle auf. Es ist jedoch eine Stärke dieses Buches, dass die Theorien nicht als Selbstzweck fungieren, sondern die Funktion als Ausgangspunkt für die Ableitung praktischer Bezüge zum Krankenhausarzt haben. Dadurch wird – mit wenigen Ausnahmen – ein Theorie-Overkill verhindert und die Lektüre zu einer spannenden Anregung, Selbstverständlichkeiten des Alltags im eigenen und fremden Handeln zu analysieren.
Insgesamt handelt es sich damit bei dem Buch um eine praktische Anleitung, Mitarbeitermotivation und Teamdynamiken sowie deren Beeinflussbarkeit zu hinterfragen, wobei neben ausführlichen theoretischen und wissenschaftlichen Aspekten zentral auch der Spaß an der Beschäftigung mit solchen Fragen und deren Sinnhaftgkeit und Nutzen für die eigene Arbeit herausgestellt wird.
 
Relevanz & Zielgruppe
Das Buch stellt bereits im Untertitel auf Leitende Ärzte im Krankenhaus ab, ist darüber hinaus aber für alle Personen, die im Gesundheistwesen mit Führung und Mitarbeitermotivation zu tun haben, eine nützliche Lektüre. Dabei entfaltet sich die Relevanz nicht unmittelbar, da das Thema ‚Führungskompetenz‘ bzw. deren Fehlen oft angesichts Zeitmangels und Arbeitsüberlastung stark im Hintergrund steht.
Dennoch scheint es mir aus der eigenen Erfahrung heraus lohnend, sich abseits von der täglichen Arbeit Zeit für dieses Buch und damit auch für die Selbstreflektion und die bewusste Beschäftigung mit den zwischenmenschlichen und sozialen Aspekten der eigenen Arbeit zu nehmen.
Als gut aufbereitete Anregung und Wissensammlung zum Thema stellt das Buch eine gezielt praxisorientierte Arbeitshilfe für Ärzte dar, die erstaunlich treffend menschliche und subjektive Verhaltensweisen und Konfliktmuster in einen systematischen Zusammenhang stellt und Lösungswege aufzeigt.