10. BMVZ-Praktikerkongress

 

Die Vortragsdokumentation steht für Sie im Vortragsarchiv des Mitgliederbereiches zur Verfügung.


Berlin – Ein Name ist Programm. „Kooperation und Praxisvielfalt“ standen im Fokus des zehnten BMVZ-Praktikerkongress am 16. September in diesem Jahr. Rund 300 Gäste waren dabei als der Bundesverband MVZ unter anderem die (neuen) Vorgaben des Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom Juli 2015 auf den praxistauglichen Prüfstand stellte. Und es wurde im Vergleich zu den vorherigen Jahren noch praktischer – erstmalig gab es vier statt nur zwei parallele Praxisseminare.


Der lange Weg der Anerkennung & ein positiver Trend

Anlässlich der rundent Zehn begann Dr. Bernd Köppl, Vorstandsvorsitzender des BMVZ, mit einer Rückschau. Für viele beginnt die Zeitrechnung der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) mit dem GKV-Modernisierungsgesetz 2004. Doch reicht die Idee der fachübergreifenden Versorgung mit den Polikliniken der ehemaligen DDR viel weiter zurück. Mit der Wiedervereinigung fürs erste gestoppt, dann geduldet und schließlich wieder erlaubt, haben sich MVZ zwischenzeitlich fest in der heutigen Gesundheitsversorgung etabliert. Engagiert berichtete Köppl vom langen Weg der Anerkennung, wies zugleich aber auch auf noch immer bestehende Ungleichstellung in der KV-Welt von MVZ zu niedergelassenen Praxen hin.
„Vieles wurde mit dem VSG für die ambulant-kooperative Versorgung erreicht,“, so Köppl, „doch gibt es noch genügend Punkte, für die sich der Verband auch künftig einsetzen muss. Ein Beispiel hierfür ist der nach wie vor regional sehr unterschiedliche und generell nicht ausreichende Kooperationszuschlag zum Ausgleich der Honorarkürzungen für BAG und MVZ durch die Behandlungsfallzählung

Den KV-politischen Part übernahm Wolfgang Pütz, Hauptabteilungsleiter Bedarfsplanung und Zulassung der KV-Berlin. Bezüglich der Option nach dem VSG, fachgleiche MVZ gründen zu dürfen, sprach von einem raschen Zuwachs an MVZ. Allein in Berlin lägen den Zulassungsgremien derzeit 60 Gründungsanträge vor. Auch bestätigte er, dass seiner und der Wahrnehmung der KV-Berlin nach, es keinen wesentlichen Unterschied mehr zwischen einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und einem MVZ gäbe. Doch so positiv der derzeitige Trend pro MVZ auch sei, so gibt es doch genügend Lücken und Fragezeichen in der praktischen Ausführung des Gesetzestexts. Ein Beispiel nur sei das Verfahren, wenn sich ein MVZ um einen Arztsitz bewirbt, ohne einen konkreten Nachfolger benennen zu können.


IV, ASV & Besondere Versorgung praktisch umgesetzt

Stehenden Fußes folgte auf die Politik die angewandte Praxis. Mehr Kooperation als „IV, ASV und Besondere Versorgung“ geht nicht. Corinna Witt, Kaufmännische Leitung des Ambulanzzentrum Landshut, berichtete sehr anschaulich aus ihrer täglichen Praxis. Beispielhaft führte sie den Teilnehmern vor Augen, für wen sich welche Versorgungsform eignet, auf was zu achten ist und welche vermeintlich positiven Möglichkeiten sich eher als Stolperfallen herausstellen könnten. Bei der Zusammenstellung von ASV-Teams sollte beispielsweise unbedingt darauf geachtet werden, dass teilnehmende Institutionen und nicht einzelne Ärzte genannt und anerkannt werden, da anderenfalls jeder einzelne Arztwechsel angezeigt werden müsse. Kleine wertvolle Hinweise, wie „das sich Gutstellens“ mit der Sekretärin der zulassenden Stellen wurden mit einem Schmunzeln des Auditorium hingenommen – doch ist tatsächlich das A und O der freundliche und sachkundige Dialog.


Aktueller geht es nicht:
Die Begründung des BSG zum Terminbericht zur Sitzeinbringung

Aktuell und auf den Punkt. Noch am Vormittag wurde über die „Was wäre wenn?“ bezüglich des Terminberichts des BSG vom 04. Mai 2016 – Weiterbeschäftigung eines Arztes, der seinen Sitz in ein MVZ einbringt, für mindestens drei Jahre, ansonsten könne der Sitz nicht nachbesetzt werden –in den politischen Vorträgen spekuliert. Doch just vor dem Beitrag „Zur (einschränkenden) MVZ-Rechtssprechung des BSG“, mit RA Jörn Schroeder-Printzen, juristischer Berater des BMVZ, wurde die langerwartete Urteilsbegründung veröffentlicht. Eine der Präzisierungen lautet beispielsweise, dass die drei Jahresfrist der Tätigkeit aufgrund unvorhersehbarer Umstände wie Krankheit aus Gründen der Berufs- und Lebensplanung durchaus verkürzt werden könnten. Eine genauere Definition folgte jedoch nicht. Ebenso ungeklärt ist die Frage, was geschehen soll, wenn das MVZ dem Arzt z.B. aufgrund schwerer Störungen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer würde kündigen müssen.*


Workshops und Erfahrungsaustausch

Weitere Experten führten mit ihren Erfahrungen und Updates zu den Themen „Kooperation und Korruption“, „Abrechnung & Wirtschaftlichkeit“ sowie „Compliance“ durch den Tag. Aber auch die Wichtigkeit einer guten „Mitarbeiterführung und Praxisentwicklung“ wurden sehr anschaulich dargestellt und rege Diskussionen eröffnet.

Diese wurden insbesondere in den erstmalig vier, statt nur zwei, Workshops geführt. Die etwas kleineren Gruppen luden die Teilnehmer dazu ein, auch ihre eigenen Erfahrungen einzubringen und mit den Zuhörern zu teilen

Dieses Konzept des Zuhörens, Miteinandersprechens und Erfahrungenteilens, entspricht zu 100% der Philosophie des Verbandes. Nur so kann die ambulant-kooperative Versorgung gestützt und die moderne Partnerschaft im Gesundheitswesen vorangetrieben werden.

Ein Jahr geht schnell vorbei – und so können sich alle Interessierten den 20. September 2017 in den Kalender schreiben – denn dann gibt es den 11. BMVZ-Praktikerkongress.


 * Der Bundesverband MVZ hat eine erste interne Stellungnahme zur Urteilbegründung verfasst. Sie können sich bei Fragen in der Geschäftsstelle des Verbandes melden.

Download BMVZ-Kongressmitteilung

 

Seit über 20 Jahren setzt sich der Bundesverband MVZ für die Ideen und Belange der kooperativen Versorger ein. Gemeinnützig, unabhängig und bundesweit agierend, ist er Anlaufstelle für Auskünfte, gibt Orientierungshilfe und ist gesellschaftlicher und politischer Interessensvertreter kooperativer Einrichtungen, die sich praktisch, aktuell und visionär genau in diesen modernen Versorgungsmodellen bewegen wollen.


Referenten und Themen

Bericht zur Stimmung & Situation
– Dr. Bernd Köppl, Vorstandsvorsitzender BMVZ
Vorstandsvorsitzender Stiftung Pinel

Bericht aus der KV-Praxis
– Wolfgang Pütz,
Hauptabteilungsleiter Bedarfsplanung und Zulassung

Regeln von Korruption & Kooperation
in BAG und MVZ
–  Rüdiger Brauer,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Kanzlei R. Brauer

ASV, IV und Besondere Versorgung
– Corinna Witt, Kaufmännische Leitung Ambulanzzentrum Landshut

Abrechnung, Wirtschaftlichkeitsprüfung
und Bedarfsplanung
– Frank Welz, Geschäftsführer med.concept Frankfurt/Oder GmbH
Betriebswirtschaftlicher Berater im Gesundheitswesen

Zahnmedizin als Teil des fachübergreifenden MVZ
– Dr. Matthias Riedl,
Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des medicum Hamburg

Klinik und MVZ mal anders
– Holger Schulz, Geschäftsführer der Klinik Helle Mitte

Compliance von Verwaltung, Arzt und MFA
– Verena Simon, Geschäftsführerin des Ambulanzzentrum Charité,
– Tim Schleifenecker, Leiter Team Compliance, Universitätsmedizin Berlin

Organisationskompetenz & Know-How Transfer
– Burkhard Matthes, Leitender Arzt der AnthroMed Berlin-Brandenburg gGmbH
Facharzt f. Innere Medizin / Mitglied der Vertreterversammlung der KV Berlin

Zur (einschränkenden) MVZ-Rechtssprechung des BSG
– Jörn Schroeder-Printzen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Medizinrecht der Kanzlei armedis Rechtsanwälte

Dynamik und Umstrukturierung im MVZ
– Olaf Jeschke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Medizinrecht der Kanzlei Theilmann Fachanwälte

Das MVZ als spezialisiertes Facharztzentrum
– Heike Jost; Geschäftsführerin des MVZ Lörrach

Chaosmanagement in der Praxis
– Charlotte-Bettina Boettcher, Kaufmännisch-organisatorische Leitung im
MVZ Märkisch-Oderland GmbH


Presseschau

Über uns entscheiden Kollegen, die nicht unsere Freunde sind
(änd vom 17.09.2016)

BMVZ verlangt Einschreiten der Politik
(Bibliomedmanager vom 19.09.2016)

Praxisabgabe an MVZ: Kaufverträge auf dem Prüfstand
(ÄrzteZeitung vom 19.09.2016)

Vertragsärzte drängen in Versorgungszentren
(ÄrzteZeitung vom 20.09.2016)

Welche Versorgungsform lohnt sich?
Dauerbaustelle MVZ

(ÄrzteZeitung vom 21.09.2016)

MVZ-Gründung:
Mehr Freiraum als gedacht für Einzelpraxen?
(ÄrzteZeitung vom 26.09.2016)

Integration von Zahnarztpraxen in MVZ nicht einfach
(DFZ – Der Freie Zahnarzt, Ausgabe 10/2016)

Angestellte Ärzte in KVen noch nicht angemessen repräsentiert
(Marburger Bund Zeitung, 21.10.2016 – liegt dem BMVZ als Print-Fassung vor)