Allgemeine Stellungnahme
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz ist geplant, eine Vielzahl an Detailregelungen hinsichtlich des Rechtsrahmens der ambulanten Versorgung zu überarbeiten. Wesentliche Änderungen betreffen dabei auch den Bereich der kooperativen Leistungserbringung, die MVZ-Gesetzgebung sowie den Themenkomplex ‚Angestellte Ärzte‘.
Insgesamt gelangt der BMVZ zu der Wertung, dass hier zwar einige relevante Regelungsansätze enthalten sind, dass jedoch das im Einleitungstext des TSVG-Entwurfes genannte Ziel, ‘die Attraktivität der MVZ zu erhalten und gleichzeitig für eine Balance zwischen Anstellung und selbständiger Tätigkeit zu sorgen’, nur teilweise erreicht wird.
Wesentlichster Kritikpunkt ist das Vorhaben, jede Nachbesetzung einer Angestelltenstelle unter den Vorbehalt einer erneuten Bedarfsprüfung zu stellen. Diese Änderung, die auf einer fehlerhaften Gleichsetzung der Nachbesetzung einer Zulassung mit dem Personalwechsel bei einem Angestelltensitz beruht, erschwert, bzw. behindert ohne Nutzen für die Patienten die kontinuierliche Arbeit aller MVZ.
Begrüßt werden alle Änderungen, die darauf abzielen, konkrete Alltagshemmnisse bei der kooperativen Versorgung abzubauen. Die andererseits vorgesehene Beschränkung einzelner Träger beim MVZ-Betrieb wird dagegen als wenig zielführend kritisiert. Ähnliches gilt für die Einschränkung, dass Ärztenetze künftig MVZ zwar gründen dürfen, jedoch nur in unterversorgten Regionen. In beiden Fällen wird nach Meinung des Verbandes das in der Begründung angegebene Regelungsziel nicht erreicht.
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht die wichtigsten Punkte, auf die in der BMVZ-Stellungnahme, die auf Anforderung des BMG Mitte August abgegeben wurde, eingegangen wird.
Detailstellungnahme
Angestellte Ärzte: Prüfvorbehalt bei Nachbesetzung
Änderungsvorhaben: Als Neuregelung für alle ärztlichen Angestelltenstellen (sogenannte Arztstellen) – gleich ob in Praxis oder MVZ - ist geplant, künftig jeden Personalwechsel unter den Vorbehalt der Erforderlichkeit aus Versorgungsgründen zu stellen. Analog zu den Prüfvorgaben bei der Nachfolge eines Sitzes wird damit den Zulassungsgremien aufgegeben, eine Nachbesetzung abzulehnen, wenn sie aus Versorgungsgründen nicht erforderlich sein sollte.
Position des BMVZ: Die Änderung wird abgelehnt, da sie ohne Nutzen für die Patienten die kontinuierliche Besetzung von Arztstellen in MVZ erschwert, bzw. behindert. Dabei ist festzustellen, dass – anders als in der Begründung ausgeführt – das Maß der geplanten Beschränkung gerade nicht sachgerecht ist, sondern in durch das formulierte Ziel nicht gerechtfertigter Weise weitreichende Einschnitte in den Betrieb und die Planbarkeit von MVZ und BAG, bzw. Praxen mit angestellten Ärzten bedingt würden.
AUSZUG
Zum Ersten ist anzumerken, dass die dem Regelungsvorschlag zugrunde gelegte Analogie zwischen der Nachbesetzung eines Sitzes und der einer Arztstelle auf einer inhaltlich fehlerhaften Inbezugsetzung beruht, die durch die in beiden Fällen gebräuchliche Nutzung des Wortes ‚Nachbesetzung‘ für den jeweiligen Wechselprozess nur eine Scheinlogik entfaltet. Bei dieser wird übersehen, dass es wesentliche Unterschiede zwischen Nachbesetzungen von Zulassungen und Nachbesetzungen bei Anstellungen gibt.
Zum Zweiten sind MVZ gerade auch in der Konzeption des Gesetzgebers langfristig organisierte Einheiten, die in aller Regel mittels Anstellung von Ärzten komplexe Versorgungskonzepte verfolgen und eine personenunabhängige Kontinuität der Versorgung gewährleisten. Würde nun jeder ärztliche Personalwechsel – anders als bisher – an eine erneute Bedarfsprüfung gebunden, wird die Planbarkeit für die Einrichtung als Ganzes deutlich eingeschränkt, da keine Verlässlichkeit bestünde, dass die Arztstelle nachbesetzt werden kann.
Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu betrachten, dass gleichzeitig nicht vorgesehen ist, konkrete Kriterien, woran die Zulassungsausschüsse die Bedarfsnotwendigkeit messen sollen, vorzugeben.
Zum Dritten ist zu berücksichtigen, dass durch das Wegfallen einer einzelnen Arztstelle das gesamte Versorgungskonzept, das ein MVZ verfolgt, zerschlagen werden, sowie dass bei sehr kleinen MVZ durch die Verweigerung der Nachbesetzung der zweiten Stelle die Zulässigkeit der ganzen Einrichtung betroffen sein kann. Zu Ende gedacht eröffnet diese Regelung letztlich die Möglichkeit, aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Auslegung durch den einzelnen Zulassungsausschuss unter entsprechenden Umständen zielgerichtet die Existenz von MVZ im Allgemeinen sowie einzelnen Einrichtungen zu unterminieren.
Ungeachtet dieser prinzipiellen Ablehnung möchten wir auf die fehlende Verweisung auf § 103 Absatz 3a Sätze 13 bis 14 SGB V hinweisen. Ohne eine solche Bezugnahme auf adäquate Entschädigungsregelungen läge letztlich für den Träger des MVZ eine enteignende Maßnahme vor. Dies halten wir für mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen hinsichtlich des Schutzes von Investitionen und Eigentum nicht vereinbar.
Im Weiteren ist auch zu kritisieren, dass keine Bestandsschutzregelung vorgesehen ist. Und dass – würde man der zugrundliegenden Analogie zum Verfahren nach § 103 Absatz 3a SGB V folgen – die entsprechende Regelung von Ausnahmetatbeständen völlig fehlt.
Ärztenetze als zulässige MVZ-Träger
Änderungsvorhaben: Ärztenetze nach § 87b Absatz 4 SGB V sollen in den Kreis der zulässigen MVZ-Träger aufgenommen werden. Allerdings soll ihre MVZ-Gründungs-berechtigung auf Gebiete mit festgestellter Unterversorgung beschränkt werden.
Position des BMVZ: Soweit die Ärztenetze nach § 87b Absatz 4 SGB V neu als zulässige Gründer eingeführt werden sollen, wird dies vom BMVZ befürwortet. Hinsichtlich der vom BMVZ grundsätzlich unterstützten Trägervielfalt wird hiermit in Richtung der Vertragsärztschaft ein entsprechend starkes Signal gesendet und dieser eine neue Gestaltungsoption eröffnet. Vor diesem Hintergrund ist jedoch nicht zu verstehen, weshalb die Trägereigenschaft an das Bestehen einer festgestellten Unterversorgung gekoppelt werden soll.
AUSZUG
Die Aufnahme der Ärztenetze als eigenständigen Rechtsträger in den MVZ-Trägerkreis ermöglicht im Interesse der Patienten stabile, im Letzten vertragsärztlich geleitete Trägerstrukturen, die insbesondere auch zeitlich über das Ausscheiden einzelner Netzärzte hinausreichen und so insgesamt zur langfristigen Sicherung der Versorgung beitragen.
Daher können wir nicht nachvollziehen, weshalb die Trägereigenschaft an das Bestehen einer festgestellten Unterversorgung gekoppelt werden soll. Vielmehr können MVZ in Hand regional stark verbundener Träger erwiesenermaßen dazu beitragen, Unterversorgung zu verhindern. Zudem sind Ärztenetze ja durch eine gewisse räumliche Weitläufigkeit charakterisiert, die häufig verschiedene Bedarfsplanungsbezirke (bspw. Stadt + Umland) verbindet.
Eine Subsidiarität der Trägereigenschaft für Netze wäre daher kontraproduktiv und stellte auch eine nicht begründete Benachteiligung der Ärztenetze bei der MVZ-Gründung dar.
Da ohnehin keine objektiven Gründe für die Beschränkung der Gründungsberechtigung nur auf unterversorgte Regionen vorliegen, fordern wir, die einschränkende Bedingung aufzuheben. Dies auch, um die sich automatisch ergebenden komplexen Auslegungsfragen zu vermeiden.
Beschränkung der Dialyseträger auf fachbezogene MVZ
Änderungsvorhaben: Gleichzeitig mit der Aufnahme der Arztnetze in den Trägerkreis soll die Trägergruppe der Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 SGB V in ihren bisherigen Gründungsrechten beschränkt werden. Ausweislich der Entwurfsbegründung wird damit beabsichtigt zu verhindern, dass "MVZ immer häufiger von Investoren gegründet werden, die allein Kapitalinteressen verfolgen."
Position des BMVZ: Die geplante Beschränkung der Trägereigenschaft bei den Dialyseträgern auf nur fachbezogene MVZ ist aus objektiven Gründen abzulehnen. Denn erstens wird auch damit das formulierte Ziel nicht erreicht werden, denn interessierte Kapitalgeber werden im Zweifelsfall auf andere Konstrukte ausweichen. Und zweitens ist in der vorgeschlagenen Formulierung völlig offen, wie das Attribut ‚fachbezogen‘ verstanden werden soll.
AUSZUG
Schon im Gesetzgebungsverfahren von 2011 (VStG) wurde erklärtermaßen beabsichtigt, Kapitalinteressen und gesundheitsfremde Unternehmen durch drastische Einschränkung des Trägerkreises vom ambulanten ‚Markt‘ fernzuhalten. Darauf bezugnehmend ist festzustellen, dass dieses Ziel gerade nicht erreicht wurde. Vielmehr sind die damaligen Änderungen in Kombination mit dem Wegfall der Verpflichtung zum Fachübergreifend-Sein Basis der Entwicklungen heute.
Vor diesem Hintergrund erscheint es dem BMVZ mindestens fragwürdig, dass dasselbe Mittel, das in den letzten sechs Jahren offensichtlich nicht funktioniert hat, erneut zum Einsatz kommen soll.
An dieser Stelle ist zu hinterfragen, ob dem ohne Frage vorhanden Missbrauchspotential jedweder MVZ-Gründungsregelung nicht besser durch effektive Sekundärmaßnahmen, als mit tendenziell unwirksamer Symbolpolitik in Form weiterer Trägerbeschränkungen begegnet werden sollte. Ziel muss dabei sein, den Einstieg in den ambulanten Versorgungsmarkt für rein renditeorientiere Kapitalanleger zu verkomplizieren, bzw. unattraktiv zu machen, ohne mit generellen Restriktionen auch die große Mehrheit der versorgungsrelevanten Kooperationsmodelle zu treffen oder zu behindern.
Denkbar wären hier etwa fiskalische Steuerungsmaßnahmen, die Kurzzeitinvestitionen im Gesundheitswesen wirksam mit entsprechenden Spekulationsabgaben o.Ä. belegen. Ausgesprochen hilfreich wäre auch die Einführung von über die berufsrechtlichen Vorschriften hinausgehenden Transparenzvorschriften hinsichtlich sämtlicher Gesellschafter- und Holdingstrukturen. Insgesamt sinnvoll ist in diesem Zusammenhang unseres Erachtens auch die Stärkung der Ärzte bzw. des Ärztlichen Leiters im MVZ.
Im Zweiten ist in der vorgeschlagenen Formulierung völlig offen, wie das Attribut ‚fachbezogen‘ verstanden werden soll. Da fachbezogen offensichtlich nicht fachgleich meint, wäre dringend klarzustellen, welche Regelungsabsicht konkret zum Ausdruck gebracht werden soll. Soweit in der Begründung richtigerweise darauf abgestellt wird, dass die Trägereigenschaft an sich es ermöglicht, von dieser unabhängig auch dazu fachfremde MVZ zu gründen, so handelt es sich um ein Wesensmerkmal der MVZ, das als solches – auch nicht für die Teilgruppe der Dialyseträger – unterbunden werden sollte.
Hinsichtlich von Fehlentwicklungen, die etwa für den Teilbereich der Zahnheilkunde keineswegs abgestritten werden, ist daher auf die bereits angeführten sekundären Maßnahmen zur Verringerung der Attraktivität des ambulanten Marktes für gesundheitsferne Rendite-Interessen zu verweisen.
Gleichzeitig halten wir mit Blick auf die besondere Marktdynamik rund um das fachgleiche Zahn-MVZ – eine entsprechende Forderung der Zahnärzteschaft unterstützend – die Überlegung für zielführend, für den separaten Bereich der Zahnmedizin die Erfordernis des Fachübergriffs wieder einzuführen. Diesbezüglich wären jedoch die KVen zu verpflichten, Gründungen mit einem Zahnarzt sowie einem weiteren Vertragsarzt als zulässig anzuerkennen und nicht – wie aktuell immer noch häufige Spruchpraxis – das Vorliegen der Gründungsvoraussetzungen allein im vertragsärztlichen Bereich zu verlangen.
Ärzte: Detailvorgaben zum Sprechstundenangebot
Änderungsvorhaben: Um eine schnellere Terminvergabe zu erreichen, sollen künftig alle Ärzte zu einem Mindestsprechstundenangebot von 25 Stunden pro Woche verpflichtet werden. Gleichzeitig wird vorgeschrieben, dass grundversorgende Fachrichtungen je Woche fünf Stunden als freie Sprechstunden für Patienten ohne Termin anbieten müssen. Beide Vorgaben gelten für Vollzeitärzte und werden bei Teilzeitstellen entsprechend herunter gebrochen.
Position des BMVZ: Die umfassenden Planungen, durch Änderung der ZV-Ärzte zum Einen die Zahl der Mindestsprechstunden von 20 auf 25 Wochenstunden je Vollzeitstelle anzuheben, und zum anderen für bestimmte Fachgruppen konkrete Vorgaben zum Angebot offener Sprechstunden zu machen, werden als unnötiger Eingriff in die Praxisorganisation und mit Blick auf das erklärte Regelungsziel als wenig hilfreich abgelehnt.
AUSZUG
Von der allgemeinen Ablehnung dieses staatlichen Eingriffs in die Praxisorganisation abgesehen, möchten wir insbesondere in Zusammenhang mit der schnell und stetig steigenden Zahl der im Angestelltenstatus tätigen Ärzten darauf hinweisen, dass die verbindliche Änderung der Mindestsprechstundenzeit gegebenenfalls auch erhebliche Auswirkungen auf die bestehenden Arbeitsverträge haben würde.
Nicht auszuschließen ist etwa, dass es im Einzelfall zu Kollisionen mit den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes käme, da bekanntermaßen jeder Arzt neben der Sprechstundenverpflichtung auch viele weitere Tätigkeiten zu übernehmen hat. Im Weiteren sind auch die Auswirkungen auf Ärzte mit mehreren, zeitlich aufeinander abgestimmten Arbeitsverträgen – z.B. Krankenhaus und MVZ – zu bedenken.
Ohnehin – und das gilt auch für jeden Vertragsarzt – scheint dieser gesetzgeberischen Vorgabe ein Missverständnis hinsichtlich des breiten, vertragsärztlichen Pflichtenspektrums zugrunde zu liegen. Erwiesenermaßen werden im Schnitt bereits jetzt 52 Arbeitsstunden jede Woche von den Ärzten für GKV-Patienten erbracht. Das dabei der Anteil des direkten Sprechstundenangebots nur zwei Fünftel der Zeit ausmacht, liegt nicht am Unwillen der Ärzte, mehr zu leisten, sondern schlichtweg an der Größe ihres Pflichtenkreises.
Im Weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass die Veränderung der Sprechstundenvorgaben – würde sie wie angekündigt umgesetzt – auch erhebliche Folgeänderungen in der Bedarfsplanungsrichtlinie und Plausibilitätsprüfung auslösen würde, bzw. müsste. Soweit in der Neufassung des § 24 Absatz 1a ZV-Ärzte ausgeführt, wird, das Ärzte mit halben Versorgungsumfang 12,5 Sprechstunden je Woche anbieten müssen, ist eine vergleichbare Regelung auch für Viertelärzte zu treffen.
Gleichzeitig wären die Vorgaben zu den Quartalsprüfsummen, die Grundlage der Plausibilitätsprüfung sind, anzupassen. Zwar sind diese aktuell bei 780 h Quartalsprüfsumme auf 13 Wochen mit jeweils 60 Wochenstunden kalkuliert. Vor der Fehlannahme, dass deswegen eine Anpassung für den Fall der Erhöhung der Mindestsprechstundenzahl nicht nötig wäre, ist jedoch zu warnen.
Angesichts dieser weitreichenden Zusammenhänge und vor dem Hintergrund, dass bei einem Sprechstundenangebot, das bereits seit Jahren im Schnitt je Arzt weit über den nun geforderten 25 Wochenstunden liegt, die eigentliche Zielgruppe der Regelung recht klein sein dürfte, halten wir die geplante Änderung im Gesamten für nicht für angemessen und lehnen sie insbesondere auch wegen des negativen Aufwand-Nutzen-Verhältnisses vollständig ab.
Angestellte Ärzte: Gesellschafteranteile am MVZ
Änderungsvorhaben: Mit dem GKV-VSG wurde 2015 geregelt, dass die Gründereigenschaft auch für Ärzte erhalten bleibt, die ihren Vertragsarztsitz in ein MVZ zum Zwecke dessen Gründung oder Erweiterung einbringen und sich anschließend dort als angestellte Ärzte betätigen. Dadurch ist es den sogenannten 'Gründerärzten' sinnvollerweise möglich, gleichzeitig Gesellschafter und Angestellter ihres eigenen MVZ zu sein.Der vorliegende Entwurf erweitert diese Ausnahme um diejenigen angestellten Ärzte, die der zuvor genannten Arztgruppe im MVZ nachfolgt.
Position des BMVZ: Diese Regelung wird der Zielrichtung nach unterstützt, ist jedoch im aktuellen Wortlaut nicht zielführend. Hauptkritikpunkt ist die Begrenzung dieser erweiterten Ausnahme ausschließlich auf diejenigen Ärzte, ‚die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Satz 4 übernehmen.‘ Da dies heißt, dass nur der Untergruppe derjenigen angestellten Ärzte, die in Vertragsarzt-MVZ, die durch Selbstverzicht der Gründerärzte auf ihre vormalige persönliche Zulassung entstanden sind, tätig sind, zugestanden werden soll, gesellschaftsrechtlcihe Verantwortung für ihr MVZ übernehmen zu können.
AUSZUG
Gemäß der vorgeschlagenen Formulierung ergäbe sich eine Dauerausnahme der angestellten Ärzte in Vertragsarzt-MVZ gegenüber allen anderen angestellten Ärzten, die sachlich nicht nachvollzogen werden kann. Zum zweiten ergibt sich die Frage, wie mit MVZ in vertragsärztlicher Trägerschaft diesbezüglich umgegangen wird, die durch Übernahme von ausgeschriebenen oder freien Sitzen gebildet, bzw. erweitert wurden. Schließlich ist es auch für Vertragsärzte zulässig und gelebte Praxis, mehr als ein MVZ zu gründen.
Nimmt man die vorgeschlagene Regelung wörtlich, wäre zudem auch der Fall ungeregelt, dass ein Vertragsarzt-MVZ, bei dem der Gründer nicht im Angestelltenstatus, sondern bis zuletzt als Vertragsarzt die Gesellschaft betreibt, das MVZ einem angestellten Arzt übergeben möchte. Denn die Bedingung des ‚Arztes nach Satz 4′ wäre – trotz rundum gleicher Umstände – nicht erfüllt.
Begrüßenswerter Regelungszweck ist zwar die Vermeidung von absehbaren Übergabeproblemen bei MVZ, die gegenwärtig von Vertragsärzten betrieben werden. Gleichzeitig ist insgesamt jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb die vorgesehene Trägereigenschaft (eingeschränkt auf die MVZ-Gesellschaft des Arbeitgebers und nur solange das Arbeitsverhältnis besteht) nicht grundsätzlich allen angestellten Ärzten gewährt werden soll.
Daher verweisen wir auf unseren bereits bekannten Regelungsvorschlag, der durch Vereinfachung der bestehenden Formulierung Transparenz schafft, statt über weitere auslegungsbedürftige Ergänzungen, dass Zulassungsrecht zu komplizieren.
Im Ergebnis könnten angestellte Ärzte dank einer solchen Änderung z. B von ihren Arbeitgebern auch schrittweise an die Unternehmensverantwortung herangeführt werden, indem etwa Gesellschaftsanteile nach und nach übertragen werden.
Hierfür wäre es ergänzend wichtig, den Wortlaut der Begründung ebenfalls anzupassen, um späteren Missverständnissen vorzubeugen. Soweit dort formuliert ist, dass es darum gehe, ‚zu verhindern, dass nach dem Ausscheiden aller originären Gründer die Zulassung entzogen wird‘, ist klarzustellen, dass hiermit nicht die Bedingung aufgestellt werden soll, dass die vorgesehene Ausnahmetatbestand nur zum Tragen kommt, wenn und nachdem alle Gründerärzte ausgeschieden sind. Vielmehr ist es wesentlich, eindeutig zu regeln, dass die Trägereigenschaft angestellter Ärzte grundsätzlich gegeben ist.
KVen: Prüfung der Einhaltung der Versorgungsverpflichtung
Änderungsvorhaben: Bereits seit dem GKV-VSG obliegt es den Kassenärztlichen Vereinigungen die Einhaltung der jeweils personenspezifischen Versorgungsaufträge der angestellten und Vertragsärzte zu prüfen. Hierzu regelt der Gesetzgeber nun ergänzende Details zur Durchführung und Organisation der Prüfung.
Position des BMVZ: Zwecks Vereinheitlichung der Prüfroutinen und der Schaffung von zusätzlicher Transparenz ist diese Vorhaben zu begrüßen. Jedoch darf es grundsätzlich nicht dazu eingesetzt werden, dass in Umkehrung des eigentlichen Prüfziels ‚fleißigen‘ Ärzten mit überdurchschnittlichen Fallzahlen oder Prüfzeiten die Zulassung gekappt oder entzogen wird.
AUSZUG
Würde die Prüfung auch dafür genutzt, auffällig ‚fleißige‘ Ärzte herauszufilter, stellte dies die Einführung einer doppelten Plausibilitätsprüfung, die originär in § 106d SGB V geregelt ist, dar. Wie bei dieser wäre hier insbesondere bei kooperativ aufgestellten Leistungserbringern, bei denen durch die Charakteristika der Behandlungsfallzählung Fallzahlen und Plausibilitätszeitsummen das eigentliche Leistungsgeschehen stets nur inadäquat widergeben wird, besonders und automatisch von Verwerfungen betroffen.
Dies gilt auch für die eigentlich beabsichtige Feststellung, ob und inwieweit Versorgungsaufträge im Sinne eines Mindestsprechstundenangebotes eingehalten werden. Da aufgrund der Eigenheit der Behandlungsfall-Definition jedes MVZ, bzw. jede BAG – unabhängig von Größe und der häufig kooperativen Leistungserbringung auch innerhalb eines Fachs – je Patient stets nur einen Behandlungsfalls im Quartal erzeugt, werden die tatsächlichen Verhältnisse nicht ordnungsgemäß widergespiegelt.
Die durch diese Zusammenhänge prinzipiell vorhandene, und bei Kooperationen kulmulierende Unschärfe bei der Messung der Versorgungsleistung über Fallzahlen und Kalkulationszeiten ist bei der Formulierung von Rechtsfolgen für den Fall unterdurchschnittlicher Ergebnisse von einzelnen Ärzten dringlich zu berücksichtigen.