Neues zur BSG-Entscheidung zur Sitzeinbringung: Abgeberarzt muss nun doch nicht zwingend 3 Jahre weiter arbeiten?


HINWEIS: Die Geschäftsstelle des BMVZ bietet keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes an; der hier übernommene Dialog beinhaltet daher lediglich auf Erfahrungen und Recherchen beruhende Auskünfte und Meinungen ohne Anspruch auf Fehlerfreiheit oder Vollständigkeit. 

Die Darstellung des Dialogs folgt weitestgehend der ursprünglichen Form, d.h. es handelt sich um eine mit möglichst wenigen Modifikationen vorgenommene Transkription von Anfragen aus dem Geschäftsstellen-Alltag in eine internet-taugliche Form.


Ich habe in der ÄrzteZeitung gelesen, dass die Rechtssprechung des BSG vom Mai 2016 zur 3-Jahres-Frist bei der Sitzeinbringung doch nicht grundsätzlich gilt? Stimmt das?

Vgl. ÄrzteZeitung vom 3. April 2017
Praxisabgabe ans MVZ: Das große Missverständnis bei der Pflicht-Arbeitszeit


 

Antwort
(bearbeitet April 2017):

 

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,

die ‚Auslegungsvariante‘, die Herr Pflugmacher in der ÄrzteZeitung hat präsentiert, kursiert tatsächlich schon seit einer Weile und wurde etwa auch von Prof. Halbe auf einem Fachkongress zur Praxis der Ärzteberatung Ende März vorgestellt und diskutiert.

Hintergrund ist die viel diskutierte und enorme Auswirkungen auf MVZ entfaltende Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 4. Mai 2016.



In den aktuellen Ausführungen in der ÄrzteZeitung wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es einen (kleinen, aber entscheidenden) inhaltlichen Widerspruch zwischen der eigentlichen Entscheidungsbegründung (veröffentlicht im September 2016) gegenüber der Ankündigung im Terminbericht (veröffentlicht vorab im Mai 2016) gibt.

Darauf aufbauend wird argumentiert, dass nur die ausführliche Begründung vom Herbst maßgeblich sei, da dem Terminbericht keinerlei bindende Wirkung zukommt. Diese Einschätzung ist sachlich korrekt. (Vgl. auch BMVZ v. 13.5.2016: Was ist ein eigentlich Terminbericht?)

Auch wir haben beständig angemahnt, dass auf den zehn Sätzen der Ankündigung kein rechtsverbindliches Handeln der Zulassungsausschüsse aufgebaut werden dürfe. Genau dies ist aber gesehen. Und das lässt sich praktisch auch kaum zurückdrehen.

So gesehen stellt diese (neue) Interpretation der Entscheidungsgründe, die sich im Wesentlichen auf die semantische Auslegung eines einzigen Wortes und einen Widerspruch zur vorab veröffentlichten Zusammenfassung stützt, nicht als mehr als eine juristische (wenn auch durchaus interessante) Meinung dar.

Niemand wird sich dadurch gebunden fühlen, am wenigsten die Zulassungsausschüsse. Deshalb sind wir – anders als andere – diesbezüglich bisher zurückhaltend mit der Informationsweitergabe. Es ist einfach im Moment nicht seriös, darauf bezogen Hoffnung zu erzeugen.

Es bleibt hier bei dem, was wir bei der Wintertagung dazu gesagt haben: Wir – Verband und Mitglieder – müssen versuchen, entsprechende Anfragen und Präzedenzfälle zu forcieren, um die Zulassungsausschüsse zum Handeln zu zwingen, bzw. dazu zu bringen, verbindliche Maßstäbe für die Umsetzung der BSG-Entscheidung aufzustellen.

Dies natürlich neben den BMVZ-Aktivitäten beim Gesetzgeber, eine Klarstellung auf dieser Ebene zu erreichen. Und für diese ist die aufgezeigte Unstimmigkeit bei dieser Entscheidung tatsächlich relevant, denn sie zeigt ein weiteres Mal, dass bei dieser Entscheidung des BSG vieles schlichtweg falsch gelaufen ist. Weswegen der Gesetzgeber als Normengeber dringend regulierend eingreifen und seinen Willen im Zusammenhang mit dem Sitzeinbringungsverfahren klarstellen sollte.


Weiterführende rechtliche
Hintergrundinformationen zur Entscheidung

Download: Erste Analyse – erstellt für den BMVZ
von RA Jörn Schroeder-Printzen
vom 18. September 2016


Download: Pressemitteilung des BMVZ
Überschießende Reaktionen einzelner Zulassungsausschüsse
verursachen Rechtsunsicherheit!
vom 22. Mai 2016